Nudelmensch   Unter Levantinern ist auf jede rangmäßige Anordnung zugunsten des Händlerischen verzichtet, sie nehmen auf, was unter die Tische fällt, wenn es nur Gewinn bringt. Sie sind fett wie Menschen, die nur Materielles denken, weich von Wollust, pastös wie Kuchenteig. Ihre Frauen sind lebender Banksafe für Edelsteine, mit dicken Fingerringen protzen sie von dem Raffgeschick ihrer geilen Eheherren. Die Vorstellung von zwei sich begattenden Tieren ist angenehm gegen das, was man sich angesichts dieser Nudelmenschen vorstellen muß. Sie gebärden sich als Fassade, während sie nur Exkrete sind, die man verbergen müßte.

Ich beobachte eine Levantinerfamilie vor einem Kaffeehaus, kauend, schnalzend, schemenhaft sich selbst hingegeben, wie auf der Suche nach einem nie vorhandenen Wesenszentrum. Nur hin und wieder trifft die Frau, die schmuckbehangen auf ihren Oberschenkeln sitzt wie auf einer fremden Unterlage, ein geilgutmütiger Blick des Mannes, das einzige menschliche Gefühlsfädchen, das mir zum Bewußtsein bringt, daß es auch Menschen sind. Sonst wirkten sie wie eine Tierfamilie, wo alles nach anderen Gesetzen abläuft, die hinter den Wesen verborgen und uns schwer zu erfassen sind.  - Richard Huelsenbeck, Afrika in Sicht. Dresden 1928

 

Nudeln

 

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