ische
In einer ziemlich menschenleeren Straße zwei Schritte von der russischen
Botschaft entfernt, fand ich einmal Zuflucht auf der Ladefläche eines Transporters
der Pariser Stadtwerke; wahrscheinlich war einer der Männer in der Gruppe städtischer
Angestellter. Die Männer kamen nacheinander herein. Ich hockte und lutschte
oder ich lag mit angewinkelten Beinen auf der Seite, damit mein Arsch in der
besten Stellung war und sie mich leichter nehmen konnten. Dort gab es natürlich
nichts, was den Kontakt mit dem Wellblech abdämpfen konnte, und die Stöße taten
mir ziemlich weh. Doch ich hätte die ganze Nacht dort kauern können; ich war
weniger verkrampft durch die missliche Stellung, als vielmehr betäubt durch
die Atmosphäre in dieser fast unwirklichen Nische, wo ich mich zusammengerollt
hatte und döste wie in einem diffusen Traum, wo man sich dabei zusieht, wie
man hineingleitet. Ich konnte immer an derselben Stelle bleiben. In regelmäßigen
Abständen ging die Tür auf, der Mann sprang hinaus, eine neue Silhouette schlüpfte
herein. In diesem kleinen klapprigen Wagen war ich die reglose Götze,
die ohne mit der Wimper zu zucken die Huldigungen einer
Prozession von Anbetern entgegennimmt. - Catherine Millet, Das sexuelle Leben der
Catherine M. München 2001
Nische (2) Der Theke gegenüber befanden sich zwei flache Nischen, und Helen saß in der zweiten. Ein Matrose war bei ihr, und sie trug seine weiße Matrosenmütze auf dem Hinterkopf. Sein linker Arm umschlang ihre Taille, und die Hand umfaßte eine Brust; seine Rechte steckte unter ihrem Kleid und wühlte dort heftig. Ihre Beine waren weit gespreizt, und er küßte sie auf den Mund.
Ich rannte geradewegs zu der Nische, packte den Matrosen bei
seinem lockigen Blondhaar und riß seinen Kopf zurück, so daß sein Mund sich
von Helens löste. Ich hielt ihn weiter fest beim Schöpf gepackt und zerrte ihn
über ihren Schoß hinweg mitten in das Lokal. Sein Körper war zu schwer, um allein
vom Haar getragen zu werden; er rutschte zu Boden, und ich hatte nur noch ein
dickes Büschel Locken in jeder Hand. Er murmelte etwas Unverständliches und
versuchte sich aufzusetzen. Sein schlaffer Mund war offen, und ein betrunkener,
stupider Ausdruck lag in seinen Augen. Ich wollte ihm weh tun; ich wollte ihn
nicht töten, aber ich wollte ihm weh tun, sein teigiges, schlaffmäuliges Gesicht
verstümmeln. Ich sah mich nach einer handlichen Waffe um, nahm eine Bierflasche
von der Bar und zerschlug sie auf seinem Kopf. Den Flaschenhals hatte ich noch
in der Hand, und der abgebrochene Teil endete in einem langen, gezackten Splitter.
Ich zerschnitt ihm das Gesicht damit, fuhr mit dem scharfen Glasdolch in peitschenden
Bewegungen des Handgelenks hin und her über seine weiße Visage. Mit jedem Schnitt
öffnete sich ein sprudelnder Kanal von hellrotem Blut, das ihm über Gesicht
und Hals strömte und zwischen seinen Knien auf den Boden spritzte. Mein erster
Schlag mit der Flasche hatte ihn teilweise betäubt, aber der Schmerz brachte
ihn wieder zu sich, und schrille Schreie drangen tief aus seiner Kehle.
- Charles Willeford,
Sperrstunde. Berlin Frankfurt am Main 1992
Nische (3)
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