Schon bald geriet er in Konflikt mit John Flamsteed, dem Direktor der Königlichen Sternwarte, der Newton zuvor sehr wichtige Unterlagen für die «Principia» zur Verfügung gestellt hatte, nun aber Informationen zurückhielt, die Newton von ihm forderte. Newton war nicht der Mann, sich mit einer solchen Weigerung abzufinden. Er ernannte sich selbst zum Vorstand der Königlichen Sternwarte und versuchte nun, die sofortige Veröffentlichung der Daten gewaltsam durchzusetzen. Schließlich gelangte er in den Besitz der Flamsteedschen Arbeiten und übergab sie Edmond Halley, Flamsteeds Todfeind, der sie zur Veröffentlichung vorbereiten sollte. Doch Flamsteed brachte den Fall vor Gericht und konnte gerade noch rechtzeitig ein Urteil erwirken, das die Verbreitung der gestohlenen Arbeiten untersagte. Newton war außer sich vor Zorn und rächte sich, indem er in allen späteren Ausgaben der «Principia» systematisch jeden Verweis auf Flamsteed strich.
Eine noch heftigere Fehde trug er mit Gottfried Wilhelm Leibniz aus. Newton und Leibniz hatten unabhängig voneinander die mathematische Methode der Infinitesimalrechnung entwickelt, die den meisten Bereichen der modernen Physik zugrunde liegt. Heute wissen wir, daß Newton dieses Verfahren Jahre vor Leibniz entdeckt hat, doch er veröffentlichte seine Arbeit viel später. Es kam zu einem erbitterten Streit über die Frage, wer der erste gewesen sei. Viele Wissenschaftler beteiligten sich an dieser Auseinandersetzung. Interessant ist, daß die meisten der Artikel, die zur Verteidigung Newtons erschienen, von ihm selbst stammten — und nur unter dem Namen von Freunden veröffentlicht wurden. Als der Streit immer heftiger wurde, machte Leibniz den Fehler, die Royal Society als Schlichtungsstelle anzurufen. Newton als ihr Präsident berief einen «unparteiischen» Ausschuß zur Klärung der Frage, der sich zufälligerweise nur aus seinen Freunden zusammensetzte. Doch das reichte ihm noch nicht aus: Er verfaßte höchstpersönlich den Bericht des Ausschusses und bewog die Royal Society zu seiner Veröffentlichung. Nun wurde Leibniz offiziell als Plagiator gebrandmarkt. Noch immer nicht zufrieden, schrieb Newton noch eine anonyme Zusammenfassung des Berichts für die Annalen der Royal Society. Es heißt, nach Leibniz' Tod habe Newton erklärt, es sei für ihn eine große Befriedigung gewesen, «Leibniz das Herz gebrochen» zu haben.
Schon zur Zeit dieser beiden Auseinandersetzungen hatte Newton Cambridge
und der akademischen Welt den Rücken gekehrt. Er hatte sich in Cambridge und
später im Parlament als Gegner des Katholizismus hervorgetan und wurde schließlich
mit dem einträglichen Posten eines Direktors des Königlichen Münzamtes belohnt.
Dort konnte er seine Neigung zu Heimtücke und Bösartigkeit in den Dienst der
Gesellschaft stellen, indem er einen erbarmungslosen Feldzug gegen die Falschmünzerei
führte, der für einige Männer am Galgen endete. - Stephen Hawking, Eine kurze
Geschichte der Zeit. - Reinbek 1991 (zuerst 1988)
- (raf)
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