Netz   Bisonge geriet in schrecklichen Zorn, er bereitete sein großes Messer.

»Kwi, Kwi, schneide mein Messer schneide.
Du wirst diesen Abend essen.
Nimm dir das Blut, das Leben gibt,
Du wirst diesen Abend trinken.«

Das Messer geschliffen, sagt Bisonge seiner Mutter: »Gib mir mein Netz.« Ada gibt ihm das Netz, Bisonge sagt: »Ich gehe.«

Er geht durch den Wald, weit, weit. Er kommt vor das Haus der Bibibi; diese waren gegangen, ihn zu suchen. Er betritt das Haus und hört einen großen Lärm von Stimmen: »Nein, nein, an uns ist es nicht, sondern an den Männern von Yenzum. Nein, nein, die von Yengoak, sind daran ... Nein an euch ist es, an euch andern.« Er öffnete die Tür, da standen alle Leute, welche die Bibibi eingesperrt hatten, sie zu essen. Schon glaubten sie, es sei Essenszeit, wozu jeder Stamm, wenn an ihm die Reihe war, lieferte. Bisonge befreite sie, dann umgibt er das Haus mit seinem Netz. Er umgibt es gänzlich, läßt nur die Tür frei. Er umgibt es mit vielen Maschen, dann wartet er.

Früh, da es noch schwarz ist, kamen die Bibibi zurück, wütend, Bisonge nicht gefunden zu haben. »Wir werden ihn morgen haben, morgen werden wir gehen, und morgen wird ihm Tod sein.«

Kaum sind sie eingetreten, da läßt Bisonge sein Netz über die Tür fallen. Sie sind gefangen wie der Elefant im Ngol, wie die Fische, wenn der Fischer sein Wurfgarn über einen Zug Sardinen wirft. Sie sind gefangen. In der dunklen Nacht, in der Finsternis, da man Furcht hat, ruft die Stimme Bisonges: »Bibibi, Bibibi... Ihr Oger, die ihr Menschen verschlingt, ich rufe euch, Bisonge, der Bruder beider, die ihr getötet.« Die Bibibi stürzen zur Tür, gehen heraus, stolpern und sind im Netz gefangen, wie in einer Falle. Sie versuchen, sich loszumachen und die Maschen mit dem Schwert zu zerhauen. Bisonge kennt den Fetisch, der das Garn zu Eisen härtet, es gibt kein Mittel zu entkommen.

»Ah, ah«, sagt Bisonge, »da sind sie, die berüchtigten Oger, oh, jetzt wollen wir Licht sehen«; er nimmt Feuerbrand, wirft ihn auf das Dach, das ganze Haus brennt. Die Fackel Bisonges, da ist sie. Er rafft das Netz, verengt die Maschen, er fängt die zerquetschten und blutenden Bibibis. Er macht einen nach dem anderen los, köpft einen jeden, jedem schlitzt er den Bauch. Alle Leute, die sie den Tag vorher gesessen hatten, entkamen in den Wald. Bald sieht man sie nicht mehr.

Bisonge hat geendet, die Köpfe abzuhauen, der Bauch des letzten ist geschlitzt, er spricht: »Das ist gut, das ist gut.«

Sorgfältig sammelt er die Köpfe, färbt sie rot, legt sie in eine Kiste und bewahrt den Fetisch.  - Afrikanische Märchen und Legenden. Hg. Carl Einstein. Berlin 1980 (zuerst 1925)

Netz (2)    Nach der Theorie der Schleifenquantengravitation ist das Universum nur scheinbar kontinuierlich. Tatsächlich aber ist alles, wirklich alles, quantisiert, das heißt in kleine Häppchen aufgeteilt, auch die Gravitation. Der Raum ist nicht mehr der Behälter für das Universum, sondern er ist ein Teil davon, der ebenfalls zerstückelt ist und die Form eines Netzes aus Linien und Knoten annimmt. Die Elementarteilchen entsprechen dann verschiedenen Knotentypen, zwischen den Linien und Knoten befindet sich: nichts. Die Theorie der Schleifenquantengravitation führt zu einigen seltsam anmutenden Folgerungen, beschreibt aber einige interessante Phänomene auch besser als andere Theorien.

Was sich aus ihr für den Urknall ergibt, hat erstmals 2004 der deutsche Physiker Martin Bojowald simuliert. Zunächst vermeidet man das Konzept der Singularität, denn das Schleifenquanten-Universum hat eine bestimmte Mindest-Strukturgröße, die es nicht unterschreiten kann. Rechnet man sich immer näher an den Urknall heran, erreicht man ein neues, anderes oder auch Vorgänger-Universum, in dem alle Richtungen (auch die der Zeit) umgekehrt sind. Dieses Universum vor dem Universum zieht sich in Richtung des Urknalls zusammen. Hat sich das Weltall unter dem Einfluss der Gravitation sehr weit zusammengezogen, zerreißt irgendwann das aus den Quantenschleifen bestehende Gewebe der Raumzeit - und die Gravitation verwandelt sich unter dem Einfluss dieses "Quanten-Rückstoßes" in eine stark abstoßende Kraft, die das Universum wieder auseinander treibt.  - Matthias Matting, Telepolis vom 21.09.2013

Netz (3) «Fritz hat gesagt, nach einer Weile im Netz wäre er sich vorgekommen, als hätte er LSD genommen.»

«Er glaubt auch, dass das ARPAnet ihm die Seele geraubt hat.»

Doc dachte darüber nach. «Und, hat es das?»

Sparkys stirnrunzelnder Blick ging in die Ferne. «Das System kann mit Seelen nichts anfangen. So funktioniert es nicht. Auch diese Geschichte, dass man angeblich in das Leben anderer Leute eindringt - das hat nichts mit irgendeinem asiatischen Trip von wegen Auflösung in ein kollektives Bewusstsein zu tun. Man findet einfach nur Sachen heraus, von denen jemand anders gedacht hat, man würde sie nie herausfinden. Und es geht rasend schnell, je mehr wir wissen, desto mehr erfahren wir, man kann beinahe sehen, wie es sich von einem Tag auf den anderen verändert. Deswegen^ehe ich auch zu, dass ich bis spät in die Nacht arbeite. Da ist der Schock am anderen Morgen nicht so groß.»

«Wow. Dann lerne ich wohl mal besser was darüber, sonst gehöre ich demnächst zum alten Eisen.»

«Es ist alles noch ziemlich klobig», und seine Geste schloss den ganzen Raum ein. «Verglichen mit dem, was du in Spionagefilmen oder in der Glotze siehst, sind wir hier im richtigen Leben noch nicht annähernd bei der Geschwindigkeit und Speicherkapazität, auch die Infrarot- und Nachtsichtgeräte, die sie in Vietnam verwenden, sind noch weit von einer Röntgen-brille entfernt, aber das alles entwickelt sich mit exponentieller Geschwindigkeit, und eines Tages werden alle aufwachen und feststellen, dass sie unter einer Überwachung stehen, vor der es kein Entrinnen gibt. Kautionsflüchtlinge werden nicht mehr abhauen können, vielleicht gibt's bis dahin überhaupt keinen Ort mehr, an den man abhauen kann.»   - Thomas Pynchon, Natürliche Mängel. Reinbek bei Hamburg 2010

 

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