etzwerk In Smeraldina, der äquatischen Stadt, überlagern und überschneiden sich ein Netzwerk von Kanälen und ein Netzwerk von Straßen. Um von einer Stelle zur anderen zu kommen, hast du immer die Wahl zwischen dem Landweg und dem mit dem Boot; und da die kürzeste Linie zwischen zwei Punkten in Smeraldina nicht eine Gerade, sondern ein Zickzack ist, das sich in verschlungenen Varianten verzweigt, öffnen sich jedem Passanten nicht nur zwei, sondern viele Wege, die sich für den noch vermehren, der Übersetzen im Boot und Übergang auf dem Trocknen miteinander abwechselt.
So bleibt den Einwohnern Smeraldinas die Eintönigkeit erspart, jeden Tag durch dieselben Straßen zu gehen. Doch das ist nicht alles: Das Netzwerk der Passagen ist nicht nur auf einer Ebene angelegt, sondern es folgt dem Auf und Ab der Treppchen, Balustradengänge, buckeligen Brücken, hängenden Straßen. Durch die Kombination von Segmenten verschiedener Uberführungs- und Oberflächenwege bereitet sich jeder Einwohner täglich das Vergnügen einer neuen Wegstrecke, um an dieselben Ziele zu gelangen. Die Leben, die am meisten gewohnheitsgebunden und am ruhigsten sind, verlaufen in Smeraldina wiederholungsfrei.
Größeren Beschränkungen sind hier wie anderswo die geheimen und abenteuerlichen
Leben unterworfen. Smeraldinas Katzen, Diebe, heimlich Liebende bewegen sich
auf höhergelegenen und nicht kontinuierlichen Wegen, springen von einem Dach
zum andern, lassen sich von einem Altan auf einen Balkon herab, wandeln seiltänzerisch
die Regenrinnen entlang. Weiter unten laufen Ratten im Dunkel der Kloaken, eine
dicht am Schwanz der anderen, zusammen mit Verschwörern und Schmugglern: Sie
lugen vorsichtig aus Gullys und Abzugsgräben hervor, verschwinden in Hohlräumen
und Ablaufrohren, schleppen Käserinden, verbotene Waren, Fässer mit Schießpulver
von einem Versteck ins andere, durchqueren die von einem Netz unterirdischer
Gänge durchlöcherte Dichte der Stadt. - Italo Calvino, Die
unsichtbaren Städte. München 1977 (zuerst 1972)
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