ervosität Die
Unendlichkeit hat die Mathematiker sehr nervös
gemacht; sie galt als eine Art logische Pest, die alles in Frage stellte,
mit dem sie in Berührung kam. Konnte man die Unendlichkeit irgendwie manipulieren,
führte das meist zu einem Desaster. Der Wunsch wurde also äußerst stark, sie
aus dem Reich der Logik zu verbannen und in Quarantäne zu sperren - oder ihre
Existenz ganz abzustreiten. Es gab in fast allen Zeiten der Geschichte des menschlichen
Denkens Mathematiker, die ihr Reich von den Unendlichkeiten
befreien wollten und sie nur noch als Symbol für die
Summe von unendlich vielen Dingen gelten ließen. -
(bar2)
Nervosität (2) Offensichtlich
ist er seit Jahren seinen ehelichen Pflichten
nicht mehr nachgekommen, das hat sie ihm jedenfalls dauernd vorgeworfen,
und das konnte er nicht ertragen. Manchmal habe ich durchs Küchenfenster
gehört, wie sie sich gestritten haben, wenn ich gerade beim Kochen war
oder so, verstehen Sie? Und sie, sie war eine liederliche kleine Hexe,
die ihm das immer wieder an den Kopf geworfen hat. Und zwar auf eine ziemlich
ordinäre Art, also, wenn Sie erlauben, entschuldigen Sie bitte, aber sie
sagte: ,Du kriegst ja keinen hoch', und solche Sachen. Wenn sie ihn beschimpfte,
schrie sie so laut, daß es auch jeder hören konnte, und natürlich machte
ihn das nervös, und ihm rutschte die Hand aus. Und das geschah ihr recht,
denn wenn er verreist war, hat sie alle möglichen Männer angeschleppt und
Orgien veranstaltet. - Andreu Martín, Bis daß der Mord euch scheidet.
Bühl/Moos - Baden-Baden 1992
Nervosität (3)
Nervosität (4)
Ausgerechnet den Skeptikern des gesteigerten staatlichen Kontrollbedürfnisses
wird ungerechtfertigtes Mißtrauen gegenüber
den Behörden unterstellt - dabei zeigen vielmehr die Forderungen der Behörden
nach immer mehr Eingriffsmitteln ein tiefsitzendes Mißtrauen. Der Bürger soll
auf die guten Absichten des Staates vertrauen, während der Staat den Bürger
auf Schritt und Tritt überwacht. - Ilija Trojanow, Juli Zeh: Angriff auf
die Freiheit. München 2009
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