ervensäge   »Rede nicht hier draußen«, sagte Dix gereizt, während er sie ziemlich grob am Arm faßte, sie in die Wohnung geleitete und die Tür hinter sich schloß.

Doll legte ihre kurze Jacke ab und warf sie über einen Stuhl. Sie war groß, üppig und von derber Hübschheit. Von Natur aus brünett, war ihr Haar so oft verschieden gefärbt worden, daß es jetzt überhaupt keine ausgeprägte Farbe mehr hatte, weder dunkel noch rot noch blond, sondern etwas dazwischen, und es wirkte ausgesprochen künstlich. Sie war Mitte Dreißig, und um Mund und Augen lagen dünne Linien der Müdigkeit. Aber sie behauptete, fünfundzwanzig zu sein und verbrachte die meiste Zeit damit, dementsprechend auszusehen und sich zu gebärden. Die rauhen Seiten des Daseins waren ihr nicht fremd - sie kannte kaum etwas anderes. Aber sie hatte es fertiggebracht, sich von dem trüben Fatalismus ihrer Umgebung fernzuhalten. Doch sah man ihr die Anstrengung an, und heute abend fühlte sie sich traurig, einsam und entmutigt.

Dix' mitleidloser Gesichtsausdruck ließ sie frösteln, und sie wandte sich einigermaßen verwirrt ab und kramte, um Zeit zu gewinnen, in ihrer Handtasche nach einer Zigarette.

Dix ging ins Schlafzimmer und setzte sich aufs Bett. Er warf einen Blick auf sein ausgebreitet daliegendes Wettformular, und es juckte ihn in den Händen, danach zu greifen. Warum fiel sie ihm bloß auf den Wecker?  - W. R. Burnett, Asphaltdschungel. München u.a. 1963

Nervensäge (2)  »So sehr ich auch Poet bin, ich bin doch nicht so einfältig, wie Sie glauben möchten, und wenn Sie mir allzu oft mit Ihrem weinerlichen, gezierten Getue auf die Nerven fallen, werde ich Sie als wildes Weib behandeln oder Sie aus dem Fenster werfen wie eine leere Flasche.« - Charles Baudelaire, Der Spleen von Paris. In: C. B., Die Tänzerin Fanfarlo und Der Spleen von Paris. Zürich  1977 (detebe 20387)
 
 

Frau

 

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