ebenstraße Die
Menschen sehen aus wie Gespenster, geschlagen durch Mißerfolge oder die Rachsucht
oder den Ekel. Zwei junge Männer stehen wie angewurzelt an einer Ecke, mit verzücktem
Gesichtsausdruck und herunterhängenden Armen. Eine dicke, verrückte Frau, bekleidet
mit einem groben Wollpullover, den sie über ein luftiges Unterkleid gezogen
hat, starrt Jesús und Nuria haßerfüllt an; sie brauchte nur noch ihre Zähne
zu zeigen, um wie ein angriffslustiges Raubtier auszusehen. In ihrer Nähe stehen
zwei verrückte Kinder, steifbeinig und wie gelähmt, so als hätten sie Angst
vor der Peitsche. Und weiter hinten drängt sich eine Gruppe von verdächtig aussehenden,
biertrinkenden Männern vor einer lärmenden Kneipe zusammen. Auch sie starren
die Eindringlinge mißtrauisch an, geben ihnen zu verstehen, daß sie hier unerwünscht
sind. Jesús fühlt sich wie ein Störenfried und er gibt den Bewohnern dieser
Straße insgeheim recht. Er ist der Eindringling, der losgezogen ist, um die
Schmach der anderen zu entdecken, der sich heute nacht mit dem Gedanken, daß
es anderen noch schlechter gehe als ihm, glücklich und gestärkt in sein Bett
legen wird. Dieser Mann mit dem aufgedunsenen Bauch, der aussieht, als würde
er gleich platzen, der sich, an der Wand abstützend, mühsam vorwärtsschleppt,
mit den weit aufgerissenen, eitrigen, schmerzerfüllten Augen eines Sterbenden.
Die alte Prostituierte, die sicher schon siebzig Jahre alt ist und immer noch
ihre Krampfadern zeigt, sich mit Schminke vollkleistert und auf die Suche nach
Freiern begibt. Und sie wird Freier finden, selbstverständlich wird sie welche
finden, psychotische Freier, genauso entwürdigt wie sie, oder noch mehr, kranke,
zahnlose, schmierige Freier mit üblem Mundgeruch, die sich über ihr schlaffes
Fleisch lustig machen - Andreu Martín, Don Jesús in der Hölle. Moos - Baden-Baden 1991
Nebenstraße (2) Lloyd holte seinen Wagen vom Parkplatz des Waffenarsenals im Glendale und fuhr zur Wohnung von Janice. Sie schliefen miteinander, und Janice erfüllte ihm jeden möglichen Wunsch, weigerte sich jedoch, ihm den oralen Genuß zu verschaffen, um den er sie bat. Um drei Uhr morgens verließ er ihr Bett und machte sich auf die Suche danach.
An der Ecke Western und Adams traf er auf eine schwarze Prostituierte, die
bereit war, ihm diesen Wunsch für zehn Dollar zu erfüllen, und sie fuhren in
eine Seitenstraße und parkten dort. Lloyd schrie laut auf, als es ihm kam, und
er verängstigte die Nutte dadurch so sehr, daß sie Hals über Kopf aus dem Wagen
stürzte, ohne ihr Geld mitzunehmen. -
James Ellroy, Blut auf dem Mond (mit: In der Tiefe der Nacht). Frankfurt am
Main / Berlin 1993
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