Natur, geduldige Allerdings möchte ich den Eifer jener Theoretiker unter euch dämpfen, die zu weit gegangen sind, indem sie behaupteten, die Evolution sei ein durch die Notwendigkeit eingefangener Zufall und eine auf dem Zufall reitende Notwendigkeit, und so sei der Mensch ganz und gar zufällig entstanden, und ebensogut könnte es ihn überhaupt nicht geben.

Nun, in seiner gegenwärtigen Gestalt, wie sie sich hier verwirklicht hat, brauchte es ihn in der Tat nicht zu geben. Irgendeine Form mußte jedoch, die verschiedenen Gattungen durchlaufend, zur Vernunft gelangen, mit einer Wahrscheinlichkeit, die umso näher an Eins reichte, je länger der Prozeß dauerte. Denn obwohl er nicht auf euch abzielte, obwohl er nur nebenbei Individuen schuf, erfüllte der Prozeß die Bedingungen der ergodischen Hypothese, die besagt, daß ein System, wenn es nur hinreichend lange besteht, alle möglichen Zustände durchläuft, gleichgültig, wie gering die Chancen sein mögen, daß ein bestimmter Zustand sich realisiert. Darüber, welche Gattungen die Nische der Vernunft ausfüllen würden, wenn es den Uraffen nicht gelungen wäre, dort einzudringen, werden wir vielleicht ein andermal sprechen. Laßt euch also nicht von Gelehrten einschüchtern, die dem Leben Notwendigkeit, der Vernunft aber Zufälligkeit zuschreiben; sie ist zwar einer der wenig wahrscheinlichen Zustände gewesen und dementsprechend spät entstanden, doch groß ist die Geduld der Natur, und daher wäre dieses Gaudium wenn nicht in dieser, so in der nächsten Jahrmilliarde eingetreten.  - Stanislaw Lem, Also sprach GOLEM. Frankfurt am Main 1986 (zuerst 1973)

Geduld

Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 

Unterbegriffe

VB

Synonyme

Antonym