Nationalfeiertag   Der vierte Juli wurde ganz groß gefeiert, da kamen Waggonladungen von Leuten. Nachdem sie ihre Pferde festgebunden hatten, versammelten sie sich auf der großen Wiese hinter dem Laden und der Post, die nun randvoll mit Bierfässern, Kanonen und einer Unmenge von Feuerwerkskörpern war. Ich erinnere mich an einige Bonzen mit steifem Kragen und Zylinder, mit einer roten Weste und Sterne als Knöpfe dran, die Reden hielten. Die jungen Burschen ließen sich mit Whisky vollaufen und knallten mit Revolvern in der Gegend herum. Nach diesem Feiertag gab es immer irgend jemanden mit einem ausgeschossenen Auge oder ein paar fehlenden Fingern. Gewöhnlich kam es auch zu einer Schlägerei, man wälzte sich auf dem Boden und versuchte, einander die Augen auszudrücken, während die Zuschauer im Kreis herumstanden und die Kämpfer entweder anfeuerten oder schrien, sie sollten aufhören. Die Hunde waren von dem Lärm völlig wirr, liefen den Leuten zwischen den Füßen herum und erhielten Fußtritte. Einmal banden mein Bruder Tom und noch einige andere Burschen einem Hund Konservenbüchsen an den Schwanz und rieben seinen Hintern mit Terpentin ein, so daß das arme Vieh wie verrückt davonraste, drei Bezirke weit, erzählten die Leute.

Es gab ein großes Gelage auf der Wiese, die Körbe waren wohlgefüllt, die Leute schrien und Kinder plärrten. Die Mädchen verschwanden in den Büschen, und des öfteren ging ein Vater auf die Suche nach seiner Tochter und fand sie mit einem Saisonarbeiter, so eng beisammen wie zwei hitzige, liebestolle Hunde. Es konnte ein schlimmes Ende nehmen, wenn ein Vater versuchte, sich da einzumischen. Viele Mädchen bekamen genau neun Monate nach dem vierten Juli ihr Baby.   - Nell Kimball, Madame - Meine Mädchen, meine Häuser. Hg. Stephen Longstreet. Frankfurt am Main, Wien und Berlin 1982 (entst. ca. 1917-1932)

 

Feiertag Nation

 

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