asenweisheit
Da die Frau aber bedachte, daß sie nicht nach Art und Weise der Hunde sich
mit fünf Männern abgeben dürfe, sagte sie, sie wolle sich demjenigen hingeben,
der ihr die schönsten Blumen brächte. Nun gab es in der Königsburg einen Wächter
der königlichen Lotusse, dem Ohren und Nase abgeschnitten waren. Zu diesem begaben
sie sich und dachten, daß sie zwar durch Kauf nichts erlangen würden, allein
wohl, wenn sie ihn lobpriesen. Also sprach einer von ihnen: »Wie das Schilfrohr
abgeschnitten wieder wächst, also wachse deine Nase wieder, gib dem Bittenden
die Blumen.« Der zweite sprach: »So wie das Kuca-Gras, wenn es gemäht ist, wieder
wächst, also wachse deine Nase wieder, gib dem Bittenden die Lotusse.« Der dritte
sprach: »Wie das Durva-Gras und Virana geschnitten dennoch wieder wächst, also
wachse deine Nase wieder, gib dem Bittenden die Blumen.« Der vierte sprach:
»Wie Haar und Bart, wenn auch rasiert, doch auch wieder wachsen, also wachse
deine Nase wieder, gib dem Bittenden die Blumen.« Der fünfte sprach: »Die Lotusbitter
alle haben Unsinn dir gesagt, gibst du Lotusse, gibst du sie nicht, nimmer wächst
dir deine Nase wieder.« Der Wächter dachte: »Jene vier Männer haben mir unnützes
Zeug gesagt, der fünfte aber aufrichtig nach der Wahrheit; diesem werde ich
die Lotusse geben.« Er gab ihm also soviel Lotusse, als er nötig hatte; jener
begab sich voll Freude zu jener Frau, deren Genuß ihm dann zuteil wurde.
- Märchen aus Tibet. Hg. Helmut Hoffmann. Düsseldorf Köln 1965 (Diederichs,
Märchen der Weltliteratur)
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