asenring

 Nasenring

 - Tomi Ungerer, politrics. Zürich 1979 (Diogenes Kunst Tb. 10)

Nasenring (2)

- Michel Fingesten

Nasenring (3)

Nasenring (4)

Nasenring (5) Er war vor dem Altar auf den Knien. Er war allein in der kleinen Kapelle. Immer tiefer beugte er den Kopf und presste dabei fest die Finger zusammen.

Doch es war keine Gebetshaltung, in der seine Hände ihm zur Seite hingen. Sie baumelten wild wie die Fäuste eines Preiskämpfers, und dabei schlugen die Fingerknöchel immer wieder an die Vorderseite des Altarsteins.

Es war etwas an seiner knienden Haltung - den ganzen Körper schwang er vor und zurück -, das bemitleidenswert grotesk war. Ein phantasievoller Beobachter hätte den Eindruck bekommen, daß da ein Tier betete.

Gab es irgendeinen Bereich in Sams Natur, der bei der entsetzlichen Aufgabe jubelte, die er sich auferlegt hatte - die Aufgabe, nicht seinen Willen auszuüben, sondern das, was er als den Willen eines tragischen übermenschlichen Wesens auffaßte?

Ja, die Seele selbst in diesem grotesk schwankenden Körper mit den geballten Fäusten jubelte bei ihrem Tun auf! Sams Seele schien eine besondere Bewußtheit ganz getrennt von Sams übrigen Sinnesempfmdungen annehmen zu können. Sie schien seinen Körper und Willen an einem festen Strick zu halten, so wie ein Mann einen wild blickenden Bullen an einem Ring durch dessen Nase halten mochte.

Seine Seele schien seinen natürlichen Sinnen und seinem natürlichen Willen zu sagen; »Du mußt da durch, weil Christus das durchgemacht hat! Es kümmert mich nicht, wie du leidest, solange du Tag für Tag weitermachst, seinen Willen und nicht deinen eigenen geschehen läßt!«

Und während Sam die ganze Zeit dort litt, in seiner Pein schwankend wie ein gewaltiges blutendes Tier, das an einem Stahlring in seiner Nase gehalten wird, mühte sich der von ihm angerufene Menschengott vergeblich, das Bewußtsein dieses wildgewordenen Verkehrers Seines Geheimnisses zu erreichen. Vergeblich! Vergeblich! Gegen das Machtgclüst in der Seele eines Mannes, der einmal die wilde Wonne geschmeckt hat, den eigenen Körper und Willen und die eigenen empfindsamen Nerven herzunehmen und sie gezwungenermaßen gegen den Strich handeln zu lassen, gibt es nur eine Gottheit, die sich durchsetzen kann; und diese Gottheit ist nicht Christus. Wie konnte Christus, als Er nun wie eine Wolke Unkrautrauch unter der Tür der St. Patricks-Kapelle schwebte, die Seelenspannung lösen, die so unerbittlich an der Nase eines betenden Erdenviehs zog und zerrte?   - (cowp)

 

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