asenlicht  

Nasenlicht

 

Der Dong mit seinem Nasenlicht

Wenn wild die Winterstürme brüllen,
wenn sich in eisiges Schweigen hüllen
die endlosen Steppen von Khumpf;
wenn schwarze Wolkenfelder brüten
und, wie in grauenvollen Mythen,
die Elemente trostlos, dumpf
und donnernd in der Ferne wüten -

Wenn jede Hoffnung scheint versunken,
dann zeigt sich - Was ist das? - ein Funken!
Es leuchtet auf ein Silberstrahl!
Es dringt hervor mit Himmelsmacht
in meteorengleicher Pracht
und schimmert über Berg und Tal
durch die kohlrabenschwarze Nacht -

Ein Licht im Dunkeln, das verweilt,
das huscht und flackert, zaudert, eilt,
und das im tiefsten Dickicht funkelt,
dort, wo die Runkelwicke runkelt.
Wo immer jetzt, zur Mitternacht,
ein Türmer Ausschau hält und wacht,

da rührt er eifrig seinen Gong und ruft:
»Der Dong ist da! der Dong!
Schon kommt er näher! Seht ihr's nicht?
Der Dong mit seinem Nasenlicht!«

Einst war er sorglos und vergnügt,
doch hat's das Schicksal so gefügt,
daß er sich hemmungslos und blind
verliebte in ein Schuggelkind.
Bekanntlich segeln kreuz und quer
die Schuggelkinder übers Meer;
und eines Tags, am Runkelstrand,
da gingen singend sie an Land.
Wie spitzte da der Dong sein Ohr!
Sie aber fragten sich im Chor:

»Ja, warum sind wir wohl so kühn?
Was ist's, das uns zum Schuggeln trieb?
Unsre Hände sind blau, unsre Köpfe sind grün,
und wir schuggeln auf unserm Sieb.«

Doch ach! Wie schnell verging die Zeit
der Schuggelkinder-Herrlichkeit!
Der Dong blies wild und wunderbar
auf der Schalmei zum Ringelspiel,
dem schönen Schuggelkind zulieb
mit blauer Hand und grünem Haar,
das ihm nur allzugut gefiel
und dem er stets gewogen blieb.

Doch leider wandte sich das Blatt,
sobald den öden Strand von Khumpf
die Schuggelkinder hatten satt.
Da schlug die Abschiedsstunde dumpf,
und sie schuggelten übers Meer.
Der Dong kam sich verlassen vor,
er seufzte tief, sein Blick war leer,
er summte leis den Schuggel-Chor:

»Doch warum waren sie so kühn?
Was wohl die wilden Schuggler trieb? 
Ihre Hände sind blau, ihre Köpfe sind grün,
und sie schuggeln auf ihrem Sieb.«

Erst, als der Herbst den Wald entlaubt,
erhob der Dong sein müdes Haupt
und machte sich mit letzter Kraft
auf seine lange Wanderschaft.
Schrill Schalmeienklänge blasend,
suchte er, vor Sehnsucht rasend,
in Sturm und Eis, in Nacht und Wind,
sein längst entschwundnes Schuggelkind.

Um, im Dunkeln, es zu finden,
schuf er sich, aus Runkel-Rinden,
eine wunderbare Nase,
die, infolge ihrer Maße,
einzigartig war und blieb.
Was fortan der Dong auch trieb,
rot bemalt und festgezurrt
am Hinterkopf mit einem Gurt,
vorne kugelrund und hohl,
außen hie und da durchlocht,
innen drin ein Lampendocht,
spendet ihm die Nase wohl
überall, man glaubt es nicht,
ein bemerkenswertes Licht.

Die Nacht ist lang, der Mond scheint stumpf
auf die endlosen Steppen von Khumpf,
doch schlaflos bläst auf der Schalmei
der Dong und fragt sich, wo es sei,
in Sturm und Eis, in Nacht und Wind,
sein längst entschwundnes Schuggelkind.
Er sucht und sucht, er findet's nicht,
der Dong mit seinem Nasenlicht.

Wo immer nun, um Mitternacht,
ein Türmer Ausschau hält und wacht,
da ruft es: »Seht den Silberstrahl!
Dort in der Ferne, tief im Tal -

Das ist der Dong!
Er rastet nicht, er sucht, bis daß der Tag anbricht.
Es ist der Dong - wer wüßt es nicht?
- der Dong mit seinem Nasenlicht!« 

- (lea)

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