ase, empfindliche    Die ganze Zeit lang wartete die alte, breite, geduldige namenlose Mähre, ohne sich zu rühren, ohne auch nur einmal auf den Kopfsteinen zu stampfen oder an ihrem Geschirr zu rütteln. Ich sagte, sie sei ein gutes Mädchen, und stellte mich auf die Zehenspitzen, um ihre Ohren zu kraulen, als die Tür des Pure Drop aufschwang und das warme Lampenlicht der Kneipe mich blendete. Ich fürchtete mich nicht mehr, war nur wütend und hungrig. Die zwei dicken Frauen am Eingang kicherten »Gute Nacht, Mr. Jones« unter den schweren Geräuschen und den heimeligen Düften hervor. Das Kind ruhte zum Schlaf zusammengerollt unter der Bank. Onkel Jim küßte die beiden Frauen auf die Lippen. »Gute Nacht.«

»Gute Nacht.«

»Gute Nacht.«

Dann war es wieder dunkel in der Durchfahrt.

Er lenkte die Mähre rückwärts in die Union Street, indem er gegen ihre Seite taumelte, ihre Geduld verfluchte und ihre Nüstern tätschelte, und wir beiden stiegen auf den Karren.

»Es gibt zu viele betrunkene Zigeunerinnen«, sagte er, als wir durch den flackernden lampenerleuchteten Ort rollten und ratterten.

Den ganzen Weg zurück nach Gorsehill sang er Kirchenlieder mit seiner warmen Baßstimme, und er dm-eierte mit seiner Peitsche den Wind. Er mußte die Zügel gar nicht berühren. Als wir auf der ruckeligen Landstraße waren, zwischen Hecken, die sich verrenkten, um das Geschirr der Mähre und unsere Mützen zu stupsen, hielten wir einmal auf ein geflüstertes »Hü-a« an, damit sich der Onkel die Pfeife anzünden konnte. Er setzte die Dunkelheit in Brand, und er zeigte mir dabei sein langes, rotes, trunkenes Fuchsgesicht mit seinem stachligen Wangengestrüpp und seiner feuchten, empfindsamen Nase. Ein weißes Haus mit einem Licht in einem Schlafzimmerfenster leuchtete auf einem Feld auf einem niedrigen Hügel jenseits der Straße.

Der Onkel flüsterte »Ruhig, Mädchen, ruhig Mädchen« der Mähre zu, obwohl sie doch ganz ruhig stand, und sagte mir mit plötzlich lauter Stimme über seine Schulter hinweg: »Da hat einmal ein Henker gewohnt.«  - Dylan Thomas, Porträt des Künstlers als junger Hund. München 1994