achkriegsordnung   Hanne erzählte von einem gewissen Doktor Nischwitz, der aktiver Oberstleutnant gewesen, jetzt als Schwager eines Ministerpräsidenten Binnenlandschiffahrtsdirektor der amerikanischen und englischen Zone geworden war und den Titel eines Ministerialrates bekommen hatte. Von Haus aus war er Graphit-Ingenieur und hatte von Binnenschiffahrt keine Ahnung. Aber, wie gesagt, für den Schwager eines Ministerpräsidenten war natürlich alles möglich. Durch den jetzt hinausgeworfenen Judenkommissar, einen Pomadebengel, der im Krieg mit seinem Ortsgruppenleiter geschoben und den er entnazifiziert hatte, bekam der Doktor und Direktor Nischwitz Betten, Steppdecken, Geschirr, Kleider, Schuhe, kurzum alles, was er haben wollte. Zufrieden aber war er nie. Die Wohnung ist ihm zu klein, er braucht als Ministerialrat eine Villa. Und immer wieder sagte Frau Ministerialrat Nischwitz: »Wir Flüchtlinge, die alles verloren haben.«   - Hermann Lenz, Tagebuch vom Überleben und Leben. Frankfurt am Main 1981 (st 659, zuerst 1978)
 

Ordnung Nachkriegszeit

 


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