ystikerin
Meine Hände halten mir den Schwanz, während ich pinkle, putzen mir den
Hintern ab, waschen mich im Bidet. Sie holen mir die Popel aus der Nase, pulen
mir das Schmalz aus den Ohren, drücken mir die Pickel aus. Sie klauben mir die
Flusen aus den Zehen, pflücken die wattigen Stoffbäuschchen heraus, die sich
im Nabel angesammelt haben. Meine Hände sind zwei Mystikerinnen, sie erniedrigen
sich, tun Buße, indem sie echte Drecksarbeiten auf sich nehmen.
- Tiziano Scarpi, Körper. Berlin 2005
Mystikerin
(2) Neben anderen hervorragenden Tugend werken
hatte die heilige Jungfrau [Hildegard von Bingen] vom Herrn auch
die Gnade erhalten, die Dämonen aus besessenen Körpern auszutreiben.
So schreibt die verehrungswürdige Mutter über eine noch jugendliche
adelige Frau: »Nachdem mich ein Gesicht über die Schrift und Worte des
Johannesevangeliums belehrt hatte, fiel ich mit solcher Wucht auf das
Krankenlager, daß ich mich auf keine Weise davon erheben konnte. Ein
Südwind harte mir dies Leiden angehaucht; mein Körper wurde von solchen
Schmerzen zermürbt, daß er meine Seele kaum mehr ertragen konnte. Nach
einem halben Jahre durchdrang der gleiche Wind meinen Körper in einer
Weise, daß ich mich so in Todesnot befand, als müßte meine Seele aus
diesem Leben scheiden. Dann mischte sich ein anderes Windwehen von
Wassern in diese Hitze, so daß mein Fleisch so weit erfrischt wurde, daß
es nicht gänzlich von den Flammen verzehrt wurde. Ein ganzes Jahr lag
ich also darnieder, doch sah ich in einer wahren Schau, daß mein Leben seinen Zeitenlauf noch nicht vollendet hatte, sondern noch etwas dauern sollte.
Inzwischen wurde mir geoffenbart, daß am Niederrheine, weit weg von uns, eine vornehme Frau vom Teufel besessen worden sei. Es kamen auch oft Boten in dieser Sache zu mir. Ich sah aber in einem wahren Gesichte, daß diese Frau durch Gottes Zulassung von einer Schwärze und einem vom Teufel zusammengeballten Rauche besessen und umschattet war. Jegliches Empfinden ihrer vernünftigen Seele wurde dadurch unterdrückt, sie konnte nicht einmal in klarer Erkenntnis aufseufzen; denn wie der Schatten eines Menschen oder eines anderen Gegenstandes oder auch der Rauch Dinge, die er bedeckt, einhüllt und umzieht, so wurden ihr klarer Sinn und ihre Handlungen /erstört, und sie schrie und tat oft Unpassendes. Wurde aber dies Übel auf Gottes Befehl abgeschwächt, dann wurde sie weniger belästigt.
Wie ich so überlegte und wissen wollte, auf welche Weise die Gestalt des Teufels
in einen Menschen eindringen könne, sah und hörte ich, daß der Teufel,
so wie er ist, nicht in den Menschen fährt, sondern ihn mit dem Schatten
und Rauche seiner Schwärze umhüllt und bedeckt. Würde nämlich die
Teufelsgestalt selbst in den Menschen eindringen, dann würden seine
Glieder schneller gelöst, als Halme vom Wind zerstreut werden. Deshalb
gestattet Gott nicht, daß der Teufel selbst in den Menschen fährt. Doch
mit den obengenannten Dingen übergießt er ihn und verdreht ihn zu
Wahnsinn und Ungehörigem. Er schreit durch ihn wie durch ein Fenster und
bewegt seine Glieder von außen her, wenn er auch nicht in seiner
eigentlichen Gestalt im Menschen ist. Die Seele ist aber wie in tiefem
Schlummer befangen und weiß nicht, was das Fleisch des Körpers tut. - (bin)
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