Myrtle Avenue  Ich sah eine Myrtle Avenue genannte Straße, die von Borough Hall zur Fresh Pond Road führt, und diese Straße ist nie ein Heiliger hinuntergewandelt (sonst wäre sie zerbröckelt), nie schritt ein Wunder durch sie hindurch, noch ein Dichter, noch ein Vertreter des Menschengeschlechts, nie blühte dort eine Blume, nie war sie von der Sonne überglänzt, nie wurde sie vom Regen blank gewaschen. An Stelle des echten Inferno, das ich zwanzig Jahre verschieben mußte, gebe ich euch die Myrtle Avenue, einen der zahllosen Sattelpfade, beritten von eisernen Ungeheuern, die ins Herz der amerikanischen Leere führen. Wenn ihr nur Essen oder Manchester, Chicago, Levallois-Perret, Glasgow, Hoboken, Canarsie oder Bayonne gesehen habt, dann habt ihr nichts von der prächtigen Leere des Fortschritts- und der Aufklärung gesehen. Lieber Leser, bevor du stirbst, mußt du die Myrtle Avenue sehen, und sei es auch nur, um zu erkennen, wie weit Dante in die Zukunft sah. Du mußt mir glauben, daß in dieser Straße weder in den Häusern, die sie säumen, noch in den Kopfsteinen, mit denen sie gepflastert ist, noch in dem Hochbahngerüst, das sie durchschneidet, in keinem Lebewesen, das einen Namen trägt und dort lebt, auch in keinem Tier, Vogel oder Insekt, das, um geschlachtet zu werden oder bereits geschlachtet durch sie hindurchkommt, Hoffnung auf ‹Lubet›, ‹Veredelung› oder ‹Abscheu› besteht. Es ist keine Straße der Trübsal, denn Trübsal wäre menschlich und erkennbar, sondern eine Straße reiner Leere: leerer als ein für immer erloschener Vulkan, leerer als ein Vakuum, leerer als das Wort Gott im Munde eines Ungläubigen.   - (wendek)
 

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