utterding  Mit pochendem Herzen kauerte Charles zwischen dem Bambus. Müll und Dreck verrotteten hier. Unkraut, Abfall, Papier, Schachteln, alte Kleider, Bretter, Blechdosen, Flaschen, Spinnen und Salamander wimmelten um ihn herum. Der Bambus wiegte sich sacht im Nachtwind. Insekten und Dreck.

Und noch etwas anderes.

Eine Gestalt, eine stumme unbewegliche Gestalt, die aus einem Dreckhügel herauswuchs, wie ein Nachtpilz. Eine weiße Säule, eine schwammige Masse, die feucht im Mondlicht glänzte. Gespinst bedeckte sie, ein modriger Kokon. Sie hatte schemenhafte Arme und Beine. Einen undeutlichen, halb ausgeformten Kopf. Die Gesichtszüge hatten sich noch nicht ganz gebildet. Aber er konnte erkennen, was es war.

Ein Mutter-Ding. Es wuchs hier in dem Dreck und der Feuchtigkeit, zwischen Garage und Haus. Hinter dem hohen Bambus.

Es war fast fertig. Noch ein paar Tage, und es würde reif sein. Es war noch eine Larve, weiß und weich und schwammig. Aber die Sonne würde es trocknen und erwärmen. Seine Schale härten. Es dunkel und stark werden lassen. Es würde aus seinem Kokon herauskommen, und eines Tages, wenn seine Mutter in die Garage ging.. . Hinter dem Mutter-Ding waren weitere schwammige, weiße Larven, kürzlich von dem Käfer gelegt. Klein. Gerade im Entstehen begriffen. Er konnte sehen, wo das Vater-Ding abgetrennt worden war; die Stelle, an der es gewachsen war. Dort war es herangereift, Und in der Garage war sein Vater ihm begegnet.

Charles rückte Stück für Stück weg, wie betäubt, vorbei an den modernden Brettern, dem Dreck und dem Abfall, den schwammigen Pilzlarven. Schwach streckte er den Arm aus, um den Zaun zu ergreifen — und fuhr zurück.

Noch eine. Noch eine Larve. Er hatte sie nicht gesehen, anfänglich. Sie war nicht weiß. Sie war schon dunkel geworden. Das Gespinst, die schwammige Weichheit, die Feuchtigkeit waren verschwunden. Sie war fertig. Sie bewegte sich ein bißchen, bewegte schwach die Arme.

Das Charles-Ding.

Der Bambus teilte sich, und die Hand des Vater-Dings legte sich fest um das Handgelenk des Jungen. »Du bleibst schön hier«, sagte es. »Das ist genau der richtige Platz für dich. Rühr dich nicht.« Mit der anderen Hand zerrte es an den Überresten des Kokons, die das Charles-Ding festhielten. »Ich werde ihm heraushelfen — es ist noch ein bißchen schwach. «

Der letzte Fetzen aus feuchtem Grau wurde abgestreift, und das CharlesDing kam herausgetorkelt. Es zappelte unsicher, als das Vater-Ding ihm einen Weg bahnte, auf Charles zu.

»Hier entlang«, brummte das Vater-Ding. »Ich werde ihn für dich halten. Wenn du gegessen hast, wirst du stärker sein.«

Der Mund des Charles-Dings öffnete und schloß sich. Es streckte gierig die Arme nach Charles aus. Der Junge wehrte sich verzweifelt, aber die gewaltige Hand des Vater-Dings drückte ihn hinab.

»Hör auf damit, junger Mann«, befahl das Vater-Ding. »Es wird sehr viel einfacher für dich sein, wenn du —«

Es schrie und krümmte sich. Es ließ Charles los und taumelte zurück. Sein Körper wand sich heftig. Es krachte gegen die Garage, mit zuckenden Gliedern. Eine Weile rollte und zappelte es wie in einem qualvollen Todestanz. Es winselte, stöhnte, versuchte wegzukriechen. Allmählich wurde es still. Das Charles-Ding sank zu einem stummen Häufchen zusammen. Es lag benommen zwischen Bambus und den modernden Abfällen, der Körper schlaff, das Gesicht leer und ausdruckslos.

Schließlich hörte das Vater-Ding auf, sich zu bewegen. Nur noch das schwache Rascheln des Bambus im Nachtwind war zu hören.

Charles stand unbeholfen auf. Er trat hinaus auf die Zementeinfahrt. Peretti und Daniels kamen auf ihn zu, mit großen Augen und vorsichtig. »Geh nicht zu nah ran«, befahl Daniels scharf. »Es ist noch nicht tot. Dauert ein bißchen.

»Was habt ihr gemacht?« murmelte Charles.

Daniels setzte mit einem erleichterten Stöhnen den Kerosinkanister ab. »Haben wir in der Garage gefunden. Bei uns zu Hause haben wir immer Kerosin gegen die Moskitos benutzt, unten in Virginia.«

»Daniels hat das Kerosin in den Tunnel von dem Käfer gegossen«, erklärte Peretti, noch immer beeindruckt. »Es war seine Idee.«

Daniels trat vorsichtig gegen den gekrümmten Körper des Vater-Dings. »Es ist jetzt tot. Ist gestorben, als der Käfer gestorben ist.« - Philip K. Dick (1976): Das Vater-Ding. Sämtliche Erzählungen Bd. 5. Zürich 2000

Ding Mutter
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