Mutant

 Ein Phantast nimmt den Phantasten auf, Rudolf in Prag. Ein Strom von Gold, ein Strom von Gästen, ein Narrenhaus, wimmelnd von Schranzen, Kurpfuschern, Alchimisten.

Um die Jahrhundertwende kommt ein Plebejer nach Prag, sitzt
ganz unten am Tisch, grübelt. Rüpelhaft, dieser Kepler. Geld hat er
nicht, hat keine Sextanten, greift seinen Herrn an wie ein toller Hund,
stichelt und stiehlt. Jener, bis zum letzten Atemzug gierig
nach Gold, Fleisch, Prunk, liegt im Delir: dieser, obskur und methodisch,
entziffert die Daten, gebiert seine unerhörten Gleichungen

und verdunkelt das Licht des Toten für immer. Zwei Mutanten. Wissen, chimärenhaft, ohne zu wissen wozu. Im grauen Gewebe tickt die Evolution. Launen im Eiweiß. Einhörner. Siehe z.B. den Narwal und seinen Zahn. Unsre Erklärungsversuche sind fadenscheinig. Eine Waffe: aber wogegen? Ein Werkzeug: aber wozu? Ein Gerät für ein Ritual, das wir nicht kennen?

 - Hans Magnus Enzenberger, Tycho Brahe. Nach: H.M.E., Die Elixiere der Wissenschaft. Frankfurt am Main 2002

  

Fabelmenschen Mutation Veränderung

 

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