otto
Wäre vielleicht das der Weg: trinken? Es ist ein langsamer
Weg, aber ich werde ihn auf alle Fälle probieren, ich werde alles probieren,
um nicht zu sterben. Das ist etwas anderes als «um nicht zu schlafen», das meine
ist ein Motto. Aber.liegt darin nicht ein Widerspruch, begrifflich oder implizit?
Nein, nicht %u sterben wäre ein Art Pflicht,
die mir von außen oder von oben auferlegt würde, eine Art Trägheit der Vernunft
und des Herzens; wenn ich nur ein bißchen darüber nachdenke, wird mir klar,
daß ich nicht einmal so weit kommen kann, daß ein solcher Imperativ 2u einer
leeren Phrase wird, zu einem Scherz, zu sehr viel weniger als einem Scherz.
Tatsächlich habe ich es nie verstanden, zu leben oder zu sterben, und nicht
einmal nicht zu sterben, und genaugenommen, was vielleicht das Schlimmste ist,
nicht einmal, nicht zu leben. Kann es logischerweise eine solche Position geben?
Logischerweise nicht, aber de facto schon, in natura oder außerhalb der Natur,
wenn einem da,s lieber ist, jedenfalls in mir. «Er verstand weder zu leben noch
zu sterben», das, stellt sich L. vor, wird man einmal von ihm sagen: Doch nein,
hier müßte es heißen: «Er verstand weder, nicht zu leben, noch, nicht zu sterben.»
Leben oder Sterben sind das mindeste, sind eine Lappalie gegenüber den anderen
beiden möglichen Forderungen. Es sieht aus wie ein Spiel, aber man könnte die
Präzision dieser Termini belegen. Leben oder Sterben sind in Wirklichkeit das
Leben oder seine Beendigung, seine Verweigerung, was immer man will, doch letzten
Endes geht man von einem lebendigen Zustand aus, vom Sein; bei nicht leben
oder nicht sterben geht man von einem Zustand der Dämmerung
aus, von einem halben Leben, von einem halben Tod, von etwas, das weder Leben
noch Tod ist, und hier liegen die größten Schwierigkeiten. Sich völlig auslöschen,
unmöglich («Hier liege ich, und immer noch, du tückisches Fieber . . .»); sich
entflammen für etwas, unmöglich per definitionem. - Epitaph: «Hier liegt (ohne,
soweit zu vermuten ist, in Frieden zu ruhen) T. L., gestorben an der Dämmerung.»
- (land3)
|
||
|