orgenrot

morgenrot

steht auf, sau!
's ist zehn!
pyjama schweißnaß
zahnersatz raus!
schrubb zahnbürst schrubb!
ha, odol!
die schwarzen stummel!
adel des maules!
kommen dran!
ab aufs klo!
erster dünnschiß!
finger voll brei!
arschloch nicht zugeht!
spül finger, stinker!
wasser ins arschgesicht!
sauschädel!
scheiß-rasur!
ha, pitralon!
zweiter dünnschiß!
knalltlknallt!
schaum vorm arschloch!
kunst after vision!
stotterpissen!
scheißaufsfrühstück!
rinninsbett!

  - Ernst Jandl, Idyllen. Darmstadt 1989

Morgenrot (2)

DIE MORGENRÖTE

Die Morgenröte von New York
hat vier aus Schlamm gemachte Säulen
und einen Sturmwind schwarzer Tauben,
die plätschern in dem faulen Wasser.

Die Morgenröte von New York
stöhnt auf den ungeheuren Treppen
und sucht inmitten steiler Kanten
die Narden der umrißnen Angst.

Die Morgenröte kommt, doch niemand läßt sie ein
in seinen Mund: dort gibt es nicht Morgen und nicht Hoffnung.
Die Münzen aber, manchmal, in wutentbrannten Schwärmen,
durchbohren und verschlingen hilflos verlaßne Kinder.

Die ersten, die hinausgehn, verstehn mit ihren Knochen,
daß es kein Paradies gibt noch blätterlose Lieben;
sie wissen, daß sie gehen zum Zahlen- und Gesetzschlamm,
zu Spielen ohne Kunst, zum Schweiße ohne Früchte.

Das Licht wird unter Ketten und unter Lärm begraben,
schamlos herausgefordert vom Wissen ohne Wurzeln.
Im Vorort gibt es Leute, die schlaflos sind und schwanken,
wie wenn sie eben blutgem Unheil entkommen wären.

- Federico Garcia Lorca, Dichter in New York. Frankfurt am Main 1963 (Übs. Enrique Beck, zuerst 1930)

Morgenröte (3)  Eos, die Göttin der Morgenröte, schlief einmal mit Ares, mit dem jede Rosenfingrige einmal schläft.

Aphrodite überraschte sie.

Das Tun der beiden war ihr geheiligt, doch Ares gehörte nun einmal ihr. - Sie bestrafte Eos mit der Gnade des Fluches, die Liebe Sterblicher so begehren zu müssen, daß die Gier, sich ihnen hinzugeben, die Schmach der Hingabe überwog.

Dieser Fluch war noch in der Nacht ausgesprochen, und Eos lachte über ihn. - Ihr Mann war der Titan Astraios, ihm hatte sie den Morgenstern geboren und die vier Winde, die das Luftmeer durchbrausen, und er genügte ihr vollauf. - Ares war die unvermeidliche Ausnahme gewesen, und auch die hätte für lange Zeit genügt. - Doch sobald die Stunde da war, den Tag in seiner Höhle zu wecken und der Nacht den Weg unters Meer zu weisen, erspähte sie, da sie gipfelab stieg, auf dem Feld unter einem Feigenbaum einen schlafenden Hirten. Er lag, in eine Decke gehüllt, auf dem Bauch, die Beine ein wenig angezogen, das Gesicht in der Ellenbeuge vergraben.

Seine Hilflosigkeit rührte sie.

Sie konnte nicht widerstehen, unter ihn zu schlüpfen.

Hornige Hände. Braune Haut. Schweißgeruch. Ach...

Er träumte und erschöpfte sich im Traum und erwachte beglückt im roten Leuchten aller Berge: Schamglut der Eos nach ihrer Schmach.

Nachdem sie den Tag geweckt und die Nacht geleitet, verschloß sie sich in ihrer Kammer und weinte ob der doppelten Demütigung, denn sie empfand das Geschehene als schandbar und das Schandbare süß. - Nachts reizte sie den Astraios, daß er sie sättige, und am Morgen wählte sie einen anderen Weg, und da war es ein anderer Jüngling. - Seine offenen Lippen, die wehrlose Brust. - Ein Jäger; selbst Wild; sie legte sich zu ihm. - Weindunst und Knoblauch; unter den Fingernägeln geronnenes Blut. - Er erwachte verwirrt, und die Berge glühten.  - Franz Fühmann, Der Geliebte der Morgenröte. In (fue)

 

Morgen

 

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