Monsun  Zuerst sagt man: Gott sei Dank, es regnet wieder, und vertraut sich dem einsetzenden Monsun an. Es regnet einen Tag und eine Nacht, es regnet wie Wortgefechte, es regnet wie Aderlaß, bis das Wasser nicht mehr abfließen kann, da auch die Meeresflut steigt und die Kanalisation verstopft ist, mit Abfall und Zweigen, mit Leichen und Schlamm. Die Stadt wird überschwemmt, von oben und von unten, Wasser sammelt sich in jeder Senke, späte Rache für den Landraub, der dem Meer angetan wurde - im Stauwasser spiegeln sich einstige Lagunen. Das Leben, das geschäftige, beschäftigte Leben setzt einige Schläge aus, es stolpert, es wirbelt im Kreis, wie die kleinen Strudel über den offenen Abflußrinnen, auf den Kanalstraßen, durch die Hunderttausende knietief waten, heimwärts, von der Eisenbahn verraten, weil die Gleise mehr als zwölf Zentimeter unter Wasser liegen.

Jede überschwemmte Stadt bietet einen unvergeßlichen Anblick, Bombay im Monsun wirkt wie von Hieronymus Bosch auf einem Acid-Trip gemalt. Die Tempel schließen  ihre Tore, um den gurgelnden Gebeten zu entkommen, Unglückselige werden von Gullys verschlungen; auf den Dächern der Taxis hocken gestrandete Fahrer und starren in die dunklen Fluten wie kurzsichtige Reiher.  - Ilija Trojanow, Nomade auf vier Kontinenten. Auf den Spuren von Sir Richard Francis Burton. München 2008 (zuerst 2007)

 

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