ondmensch   Sein Aussehen war nicht sehr anheimelnd: klein und schmächtig, wollte sein Körper nicht recht zum Kopf passen, und obschon wohlgewachsen, machte der Herr Graf auf mich lange Zeit den Eindruck eines Buckligen, wiewohl ich mir darüber keine genaue Rechenschaft zu geben vermochte.

Sein Profil war scharf geschnitten und hatte durch das schmale, hervorstehende Kinn und den spitzigen, grauen, nach vorn gebogenen Bart darunter etwas merkwürdig Sichelartiges. Er mußte übrigens eine unverwüstliche Lebenskraft besitzen, denn er alterte während der langen Jahre, die ich ihm diente, kaum merklich, höchstens, daß die seinen Gesichtszügen eigentümliche Halbmondform schärfer und schmäler zu werden schien. Im Dorfe gingen allerlei kuriose Gerüchte über ihn: er würde nicht naß. wenn es regne, und dergleichen, und so oft er nachtschlafender Zeit an den Bauernhäusern vorüberginge, blieben jedesmal in den Stuben die Uhren stehen. Ich achtete nie auf solches Geschwätz, denn daß ähnlicherweise zuzeiten die metallenen Gegenstände im Schlosse, wie Messer, Scheren, Rechen und dergleichen für ein paar Tage magnetisch wurden, so daß Stahlfedern. Nägel und anderes daran haften blieb, ist wohl eine nicht weiter wunderbare Naturerscheinung.  - Gustav Meyrink, Die vier Mondbrüder. In: G. M., Der Kardinal Napellus. Stuttgart 1983. Die Bibliothek von Babel Bd. 18, Hg. Jorge Luis Borges

Mondmensch (2)  Die Bewohner des Mondes, die ich nun deutlich erkennen kann, sind genau so, wie ich es in all meinen Werken geweissagt habe. Das dritte Bein ist bei den Männern von Anjou wie aus Elfenbein, bei den Frauen von Luco wie aus Perlmutt. Auffällig ist der ungewöhnlich heitere Glanz ihrer Haare, ganz zu schweigen von der feinen Entflammbarkeit ihrer Augen und Stirn. - Tommaso Landolfi, Cancroregina. Die Krebskönigin oder Eine seltsame Reise zum Mond. Zürich 1997  

Mondmenschen (3)  Der erste Mond. Ein Mensch, der im ersten Monde, d. h. wenn er die erste Nacht sein Licht von der Sonne erhält, empfangen wird, wird, falls er männlich ist, stolz und hart sein, und er wird keinen Menschen lieben, außer wer ihn fürchtet und ehrt. Er verrät gerne die Mitmenschen, ihren Stolz und alles was sie haben; doch an seinem Körper wird er gesund sein und keine schweren Krankheiten haben, ein Greis aber wird er nicht lange sein. Ist es eine Frau, so will sie immer geehrt sein und wird immer mehr von Auswärtigen als den eigenen Hausgenossen geliebt. In sich selbst ist sie unfromm, liebt alle fremden und neu ankommenden Menschen, dafür ist sie gegen die Hausgenossen übel und vernachlässigt sie; an ihrem Körper ist sie gesund. Ergreift sie aber irgendeine Krankheit, dann erkrankt sie schwer und lebt nicht lange ...

Der zweite Mond. Wer am zweiten Monde empfangen wird, hat, falls er männlich ist, einen umherschweifenden Sinn und in der Weisheit einen weit ausgreifenden Geist, einen beständigen Charakter und wird von den Menschen voll Ehrfurcht behandelt; allerdings erschrickt er leicht in Furcht und und ist oft leicht krank, doch kann er länger leben, als wer beim ersten Monde empfangen wurde. - Ist es eine Frau, so wird sie klug sein und vieles erforschen; sie ist für sich und andere »arbeitsam« und möchte geliebt werden, doch kann sie nicht geliebt werden; durch Melancholie wird sie ermüdet und wird leicht »suarmudich«; sie kann jedoch lange leben ...

Der vierte Mond. Wer am vierten Monde empfangen wird, ist, falls es ein Mann ist, dumm und wird leicht von anderen getäuscht; er ist jedoch gutmütig und hat Glück, so daß er stütz, reich und geehrt wird; er hat einen gesunden Körper und lebt ziemlich lange, wird jedoch nicht sehr betagt. - Ist es eine Frau, so wird sie »lobesam« und den Menschen lieh sein. Sie wird bei den Menschen in Gunst stehen, leicht krank werden, oft an ihrem Körper Schwäche fühlen und nicht lange leben ...

Der fünfte Mond
. Wer am fünften Monde empfangen wird, wird, falls es ein Mann ist, zuverlässig, treu, tapfer und hart sein, einen gesunden Körper haben und einige Zeit leben. Ist es aber eine Frau, dann wird sie nämlich » stridich « und »nidich« (neidisch), doch rechtschaffen sein; zuweilen wird sie unter einer leichten Krankheit leiden, doch nicht oft, und sie wird einige Zeit leben können ...

Der achte Mond
, Wer am achten Mond empfangen wird, wird, falls es ein Mann ist, klug, keusch und in allen seinen Werken maßvoll sein, den Menschen beistchen, und er wird einen gesunden Körper haben, nur manchmal wird er krank werden, ohne Schwierigkeit alt und ziemlich betagt, doch nicht zu hochbetagt werden. - Ist es eine Frau, so wird sie »wuneclich«, begehrenswert, schmuck(?) (»zlr-gerne«) und rechtschaffen sein; doch die Männer lieht sie nicht, sie hat einen gesunden Körper, wird ziemlich alt, jedoch nicht besonders hochbetagt werden ...

Der zehnte Mond. Wer am zehnten Mond empfangen wird, wird rechtschaffen, tüchtig, brauchbar und glücklich sein. Er wird einen gesunden Körper haben und lange leben. - Ist es eine Frau, dann wird sie rechtschaffen, den Menschen lieb, begehrenswert wie eine Lilie, sittsam und glücklich  sein.  Sie wird zwar  leicht erkranken, jedoch schnell gesund werden und lange leben ...

Der neunundzwanzigste Mond. Wer am neunundzwanzigsten Mond empfangen wird, wird, falls es ein Mann ist, neugierig werden, verdrehte Sitten und Gebärden haben und neue Gebräuche in Kleidung und in den Sitten (von fremden) Gegenden bevorzugen, neue und unbeständige Menschen lieben. Er wird leicht giftige Säfte in seinem Körper haben, oft krank werden und nicht lange leben. - Ist es eine Frau, so wird sie bequem und eitel sein, durch ihre Sitten und Gebärden Männer nach sich ziehen, leicht am Magen erkranken und nicht lange leben ...

Der dreißigste Mond
. Wer am dreißigsten Mond empfangen wird, wird, falls es ein Mann ist, arm sein, und ist er adelig, wird er immer tiefer sinken und kein Glück haben, an Körper, Kräften und Fleisch leicht schwach werden, aber ziemlich lange leben. - Ist es eine Frau, so wird sie arm sein, »wortselich« in der Schmach (im Schmähen, infamia]\ sie ist lieber bei fremden Menschen als bei Bekannten; an ihrem Körper wird sie nicht viel krank sein und ziemlich lange leben.

 

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