ittelweg  Mag der Mittelweg der beste sein; solange man nicht immer danach trachtet, andere zu übertreffen, praktiziert man nicht Bushido. Beim Bogenschießen müssen beide Arme auf der gleichen Höhe gehalten werden. Weil der rechte Arm dazu neigt, höher als der linke gehalten zu werden, wird der Schüler angewiesen, seinen rechten Arm zu senken, wodurch beide Arme auf die gleiche Höhe kommen.

Ein weiser Mann erzählte mir einst: »Wenn jemand konzentriert Tag und Nacht darauf sinnt, erfolgreiche Samurai zu übertreffen und im Krieg starke Feinde zu töten, kann er sein Feuer durch seinen Mut am Leben erhalten, frei von Niedergeschlagenheit, und dadurch seine Tapferkeit beweisen.« Selbst zu Friedenszeiten sollte man diese Einstellung pflegen. - (bush)

Mittelweg (2) Der Mensch ist (von Natur) entweder sittlich gut oder sittlich böse. Es fällt aber jedermann leicht bei, zu fragen: ob es auch mit dieser Disjunktion seine Richtigkeit habe; und ob nicht jemand behaupten könne, der Mensch sei von Natur keines von beiden; ein andrer aber: er sei beides zugleich, nämlich in einigen Stücken gut, in andern böse. Die Erfahrung scheint sogar dieses Mittlere zwischen beiden Extremen zu bestätigen.

Es liegt aber der Sittenlehre überhaupt viel daran, keine moralische Mitteldinge, weder in Handlungen (adiaphora) noch in menschlichen Charakteren, so lange es möglich ist, einzuräumen: weil bei einer solchen Doppelsinnigkeit alle Maximen Gefahr laufen, ihre Bestimmtheit und Festigkeit einzubüßen. Man nennt gemeiniglich die, welche dieser strengen Denkungsart zugetan sind (mit einem Namen, der einen Tadel in sich fassen soll, in der Tat aber Lob ist), Rigoristen; und so kann man ihre Antipoden Latitudinarier nennen. Diese sind also entweder Latitudinarier der Neutralität, und mögen Indifferentisten, oder der Koalition, und können Synkretisten genannt werden.

Wenn das Gute = a ist, so ist sein kontradiktorisch Entgegengesetztes das Nichtgute. Dieses ist nun die Folge entweder eines bloßen Mangels eines Grundes des Guten = 0, oder eines positiven Grundes des Widerspiels desselben = — a. Im letztern Falle kann das Nichtgute auch das positive Böse heißen. (In Ansehung des Vergnügens und Schmerzens gibt es ein dergleichen Mittleres, so daß das Vergnügen = a, der Schmerz = — a, und der Zustand, worin keines von beiden angetroffen wird, die Gleichgültigkeit = 0 ist.) Wäre nun das moralische Gesetz in uns keine Triebfeder der Willkür: so würde Moralischgut (Zusammenstimmung der Willkür mit dem Gesetze) = a. Nichtgut = 0, dieses aber die bloße Folge vom Mangel einer moralischen Triebfeder = a x 0 sein. Nun ist es aber in uns Triebfeder = a; folglich ist der Mangel der Übereinstimmung der Willkür mit demselben (= 0) nur als Folge von einer realiter entgegengesetzten Bestimmung der Willkür, d. i. einer Widerstrebung derselben = — a, d. i. nur durch eine böse Willkür, möglich; und zwischen einer bösen und guten Gesinnung (innerem Prinzip der Maximen), nach welcher auch die Moralität der Handlung beurteilt werden muß, gibt es also nichts Mittleres. - Immanuel Kant, Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft (1793)

Mittelweg (3)

Die Mutter sprach in ernstem Ton:
Du zählst nun sechzehn Jahre schon;
Drum, Herzblatt, nimm dich stets in acht,
Besonders bei der Nacht.
Verlier dich von dem Lebenspfad
Nie seitwärts ins Geheg,
Geh immer artig kerzengrad
Den goldenen Mittelweg.

Da kommt nun in der Dämmerstund'
Des Pulvermüllers Heinrich und
Küßt mich – mir ward gleich angst und bang –
Wohl auf die rechte Wang':
O Heinrich, das verbitt ich mir;
Sieht's Mutter, setzt es Schläg'.
Am allerbesten wählen wir
Den goldenen Mittelweg.

Und plötzlich schreit er glutentflammt:
Ich führe dich zum Standesamt! –
Schweig, sag ich, unverschämter Wicht;
Dahin bringst du mich nicht! –
Da flüstert er und freut sich schier,
Weil ich's mir überleg:
Nun gut, mein Schatz, dann wählen wir
Den goldenen Mittelweg.

Und wenn ich nun zur Ruh' mich leg',
Mir träumt vom goldenen Mittelweg;
Mein Spielzeug macht mir kein Pläsier,
Ich gäb' es gern dafür,
Gäb meine Schuh', mein Röcklein fein,
Weiß Gott, ich gäb noch mehr;
Hätt nie geglaubt, daß ich solch ein
Gehorsam Mägdlein wär.

- Frank Wedekind

Mittelweg (4) Sie lehren auch, es gebe kein Mittleres zwischen Tugend und Schlechtigkeit, während nach den Peripatetikern zwischen Tugend und Schlechtigkeit der allmähliche Fortschritt liegt. Wie nämlich ein Holz entweder gerade oder krumm sein müsse, so, behaupten die Stoiker, müsse man auch entweder gerecht oder ungerecht sein; ein Mehr oder Minder von Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit sei ausgeschlossen, und ebenso stehe es mit den anderen Tugenden. Ferner erklärt Chrysipp die Tugend für verlierbar, Kleanthes dagegen für unverlierbar; verlierbar, sagt jener, durch Trunkenheit und Melancholie, unverlierbar, sagt dieser, wegen der festen Begriffe. An sich zu wählen aber sei sie in jedem Fall, denn wir schämen uns doch unserer etwaigen bösen Handlungen, als wären wir fest davon überzeugt, daß nur das Schöne gut ist.   - Stoiker, nach (diol)

Alternativen
Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe
Verwandte Begriffe
Synonyme