ittelmeer
Alsbald ist alles auf Deck in Schlaf gesunken.
Es ist ein Sommernachmittag auf dem Mittelmeer. Der letzte Windhauch hat sich
gelegt. Die wütende Sonne scheint den Himmel auszufüllen
und macht die See zu einer weichen, bläulichen Scheibe, ohne Bewegung, ohne
Erbeben, Auch sie ist eingeschlafen unter einem
schillernden Daunenbett von Dunst, der wie der Schweiß
des Wassers ist.
Trotz der Zeltbahnen, die ich zu meinem Schutze habe spannen lassen, ist die Hitze unter der Takelage so unerträglich, daß ich in den Salon hinuntergehe und mich auf einen Diwan werfe.
Hier drinnen ist es immer noch frisch. Das Schiff ist tief, da es für Fahrten im Nordmeer und die dortigen schweren Stürme gebaut wurde. Ein wenig eng zwar, können Besatzung und Passagiere hier in dieser schwimmenden Behausung zu sechst oder siebent immerhin zusammenleben. Der Tisch im Salon reicht für acht Gäste.
Die Inneneinrichtung ist aus polierter Kiefer mit Einfassungen aus Tiekholz, aufgehellt durch das Messing der Schlösser, Beschläge und Leuchter, all das helle, freundliche Metall, das den Luxus auf solchen Jachten ausmacht.
Bizarr ist dieser Wechsel nach dem lärmenden Trubel von Paris! Ich höre nichts mehr, aber auch nichts, gar nichts. Jede Viertelstunde hustet der auf das Steuer gestützte Matrose einmal laut und spuckt dann aus. Die kleine Pendeluhr an der Wand macht einen Lärm, der einem bei dieser Stille zwischen Himmel und Meer ganz erschrecklich vorkommt.
Und dieses zarte Ticken, das einzig die unermeßliche Ruhe der Elemente stört, gibt nun auf einmal das überwältigende Gefühl für die grenzenlosen Einsamkeiten, in denen das Murmeln der Wellen schon wenige Meter über ihrer Oberfläche jedem Ohr erstirbt, unhörbar untergeht im Schweigen des Alls!
Es ist, als senkte sich etwas von dieser ewigen Ruhe
des Weltenraums herab durch den erstickend heißen Sommertag und breitete sich
aus über das regungslose Meer. Überwältigend, unwiderstehlich ist das, einschläfernd,
vernichtend — wie eine Berührung mit der unendlichen Leere. Der Wille
versagt, das Denken steht still, und der Schlummer
übermannt Leib und Seele. -
(err)
Mittelmeer (2) Wie viele Wracks erblickte ich auf dieser doch so kurzen Fahrt durch die Tiefen! Die einen waren schon überwachsen mit Korallen, die andern nur mit einer Schicht Rost bedeckt . . . Anker, Kanonen, Kugeln, Takelwerk, Schraubenflügel, Maschinenteile, geborstene Zylinder, gesprungene Heizkessel, treibende Schiffsrümpfe, teils aufrecht im Wasser stehend, teils auf der Seite liegend.
Die einen dieser gescheiterten Schiffe waren in einem Zusammenstoß untergegangen, die andern, nachdem sie auf ein Riff aufgelaufen waren. Manche waren kielvoran versunken, mit unversehrtem Mastwerk und voll getakelt. Sie sahen aus, als lägen sie auf einer ungeheuren Reede vor Anker und erwarteten das Zeichen zum Auslaufen. Als der Nautilus zwischen ihnen durchfuhr und sie mit seinem Licht bestrich, schien es, als ob diese Wracks ihn mit ihrer Flagge grüßen und ihn anrufen wollten. Doch nichts dergleichen geschah - nur die Stille und der Tod herrschten auf diesem Feld der Katastrophen!
Je mehr wir uns Gibraltar näherten, desto zahlreicher wurden diese Gespensterschiffe.
Die Küsten von Afrika und Europa nähern sich hier, und in diesem engen Raum
sind Zusammenstöße häufig. Ich sah viele eiserne Kiele, phantastische Ruinen
von Dampfern, die einen liegend, die andern aufrecht, wie schreckeneinflößende
Tiere. Einen besonders grauenhaften Anblick bot ein Schiff mit aufgerissenen
Flanken und verbogenen Schloten; von seinen Rädern war nur die Montur erhalten
geblieben, das Steuerrad war losgerissen vom Hintersteven und hing nur noch
an einer Eisenkette, und das Hinterdeck war zerfressen vom Meersalz.
- Jules Verne, Zwanzigtausen Meilen unter Meer. Zürich 1976 (zuerst 1870)
Mittelmeer (3)
Vor-abend war es unsrer bergesfeier |
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