issionar  Es waren drei Patres: ein Holländer, der zu Gott betete; ein Brasilianer, der sich anschickte, die Indianer zu zivilisieren; und ein Ungar, ein ehemaliger Landjunker und großer Jäger, dessen Rolle darin bestand, die Mission mit Wild zu versorgen. Kurz nach ihrer Ankunft erhielten sie den Besuch des Provinzialen, eines alten Franzosen, der mit südlichem Akzent sprach, das r rollte und dem Reich Ludwigs XIV. entsprungen zu sein schien; nach der Ernsthaftigkeit zu schließen, mit der er von den »Wilden« sprach - nie nannte er die Indianer anders -, hätte man meinen können, er sei zusammen mit Cartier oder Champlain irgendwo in Kanada gelandet. Kaum war er angekommen, wurde der Ungar - scheinbar aus Reue über die Verirrungen einer stürmischen Jugend in den Orden eingetreten - von einer jener Krisen gepackt, die unsere Kolonialisten »Bambuskoller« nennen. Durch die Wände der Mission hörte man ihn seinen Superior beschimpfen, der, getreu seiner Aufgabe, den Teufel austrieb, indem er viele Male das Zeichen des Kreuzes schlug und Vade retro Satanas! rief. Der endlich vom Dämon befreite Ungar wurde zu zwei Wochen Wasser und Brot verurteilt, zumindest symbolisch, denn in Juruena gab es kein Brot. - (str2)

Missionar (2) Er dachte daran, wie er seinen eigenen Vater eines Winters am Oberlaufe des Klondike verlassen hatte, den Winter, bevor der Missionar mit seinen Büchern voll von Geschwätz und semer Kiste voll von Medizin gekommen war. Oft hatte Koskoosh in der Erinnerung an die Kiste mit der Zunge geschnalzt, aber jetzt wollte ihm das Wasser im Munde nicht mehr zusammenlaufen. Der Schmerzstiller war besonders gut gewesen. Aber der Missionar war schließlich doch eine Plage, denn er brachte kein Fleisch ins Lager, aß aber für drei, und die Jäger murrten. Aber an der Wasserscheide von Mayo bekam er Lungenentzündung, und nachher stießen die Hunde die Steine weg und balgten sich um seine Knochen. - Jack London, Das Gesetz des Lebens. In: J.L., Die konzentrischen Tode. Stuttgart 1983. Die Bibliothek von Babel Bd. 14, Hg. Jorge Luis Borges

Missionar (3)  Natürlich keine regelmäßigen Sitzungen für diese Pllüger der Meere, nur von Zeit zu Zeit am Samstagabend oder sonntags eine Zusammenkunft, die durch einheimische Alkoholika aufgeheizt wurde (mit Chouchen, dem alten gallischen Met, der das Kleinhirn in Mitleidenschaft zog: die Betrunkenen fielen rücklings zu Boden). Der Kommunismus der Männer war ein Abbild des Katholizismus der Frauen: sentimentaler, gewalttätiger Fetischismus, magische Amulette, unberechenbare Windstöße der Vorsehung, rohe und launische Devotion vor den Gefahren des Meeres.

Ich mochte diese rauhen Männer, die nichts für feine Unterschiede übrig hatten und sich mit Leib und Seele einer Sache verschrieben; ihre Welt war manichäisch und rein, mit klar abgehobenen Farben: das Meer war ihnen Horizont und Fahrzeug. der pesket ihre Nahrung - zu Land, und von Angesicht zu Angesicht, gab es nichts als ihr Volk in Holzschuhen und seinen geschworenen Feind: den Chef der Konservenfabrik, in der alle Frauen arbeiteten und gegen die regelmäßig Pflastersteine flogen. Aber so abgeschlossen, so zurückgezogen ihre Welt auf dem Festland auch war — sie öffnete sich so sehr auf das weite Meer ringsum, daß sie kaum Stabilität aufwies —, blieb der politische Kontakt zu ihnen doch ohne feste Verankerung und ohne wirklichen Halt: es war eher der eines Missionars zu seinem Stamm.   - (grac)

Missionar (4)  Der Dominikanerpater Capillas missionierte seit 1641 in China. Im Jahre 1647 gab es heftigen Volksaufruhr gegen die Christen, den die Mandschu-Tataren zu ihren Zwecken ausnutzten. Capillas fiel in die Hände eines Tatarenmandarins, der von chinesischen Gelehrten gegen die Christen aufgestachelt worden war. Er ließ den Pater der Kiakuen-Folter unterwerfen. Sie bestand darin, daß man die Füße zwischen drei Holzklötze legte und diese durch Zudrehen eines darumgeschlungenen Strickes so gewaltsam zusammenpreßte, daß die Knöchel plattgedrückt und ins Innere des Fußes getrieben wurden. Capillas gab unter dieser Qual keinen Laut von sich, selbst dann nicht, als die erbitterten Tataren mit Hämmern auf die Klötze einschlugen.

Man warf ihn in den Kerker der zum Tode Verurteilten, wo er noch viele Mitgefangene taufte. Am 15. Januar 1648 wurde er enthauptet.  - Albert Christian Sellner, Immerwährender Heiligenkalender. Frankfurt am Main 1993

Bekehrung Mission
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