ission,
uralte
Ich werde Dir schon helfen. Dann gibt er Kommandos an ihre Beckenmuskulatur.
Dann verwendet er die Fremdsprache, der sie verfallen ist. Digitale Dehnung,
Diathermie gegen Spasmus, so, und jetzt kommt der gestrenge Diktator selbst
Dir unters Dach und lehrt Dich Mores, Dame. Dann lacht sie ihn aus. Dann wird
er ängstlich, sieht sich schon geschlagen, verlacht, beschuldigt, eingereiht
in die Kolonne der Abservierten, die Königstochter
hat einen traurigen Triumph mehr. Dann heizt ihn die Wut, dann will er diesem
Ripp von einer Königstochter wenigstens noch die Leviten lesen und im voraus
heimzahlen die Niederlage, die sie ihm bereiten wird. Also sagt er ihr, was
er hält von ihrer Methode, den Schwarzen Peter von sich wegzuspielen. Eine komische
Jungfer bist Du, ein vaginitisches Ripp, ein dyspareunisches Monstrum, ein verkommenes
Stück, jawohl. Dann nimmt er Maß, facies ad faciem. Dann appliziert er sich
inter femora. Dann spricht er ihr die Satisfaktionsfähigkeit ab. Dann schreit
er sie an. Hört sich schreien. Aber es macht ihm nichts mehr aus. Er kämpft
hier für eine historische Mannschaft. In uralter Mission. Er ruft an den itälmischen
Obergott, der die Seemuschel stuprierte, dem die Seemuschel sein Zeug abklemmte.
Das will seitdem jede solche Seemuschelkönigstochter. Aber wart nur, Du Kastrations-Amateuse,
geschenkt kriegst Du's nicht. Dann kämpft er ihr die Muskulatur nieder nach
Art der Köche, die das Schnitzel klopfen. Handkantenschläge kriegt sie, bis
ihr alle Beugerstrecker, Ab- und Adduktoren zerfallen und im Fleisch als heiße
Schmerzfelder herumliegen und ihr nicht mehr gehorchen können. Dann besieht
er das gebeutelte Weibsstück. Sucht sie ab nach Muskelnestern, die er übersehen
haben könnte. Aber das wimmert bloß noch. Die Augen gehen hinter den unteren
Lidern schon unter. Er atmet noch nicht auf. Vielleicht ist sie bloß listig.
Lockt ihn in ihre Korallenburg, hat dann eine letzte fanatische Leibgarde von
Muskeln zur Verfügung, mit der sie ihn zuletzt noch zerquetscht. Er schlägt
da und dort hin. Keine Antwort mehr. Also salbölt er sie noch. Massiert. Arbeitet
schwer. Spricht noch kein "Wort. Findet aber zurück zur umsichtigeren Kampfart.
Jetzt bloß nicht hudeln und schlampen. Er hat keine Erfahrung mit solchen Königstöchtern.
Er ist auf alles gefaßt. Wer glaubt, die Stadt schon erobert zu haben und singend
hineinrennt, wird meistens noch vor dem Rathaus erschossen. Also Sorgfalt steh
ihm bei. Bloß nicht nervös werden jetzt. Und nicht daran denken, daß die Dauer
der Werke des Reisenden Ritters nur mit dem Sekundenzeiger zu messen ist. Er
muß, obwohl sein Werk kein Morgengrau überlebt, doch jeden Pinselstrich setzen,
als wäre er Tizian, als würde für sein Werk noch nach Jahrhunderten eine
Million bezahlt. Von seinem rühmenswert komischen Ethos erfüllt, eroberte Anselm
die tasmanische Stadt der Königstochter. Und wie immer jubelte man dem Eroberer
zu, als er endgültig erschien. Aber Anselm traute dem Jubel nicht. Er war noch,
wie man sagt, von den Anstrengungen des Kampfes gezeichnet. Auch glaubte er,
schon freundlicherem Jubel begegnet zu sein. Diese Königstochter hatte ihn nun
einmal mißtrauisch gemacht. Er nahm sich vor, das Gelände nächstens wieder zu
räumen. Bleiben ist ohnehin des Reisenden Sache nicht. Am ehesten ist er dem
Installateur zu vergleichen, der kommt und geht. - Martin Walser, Das Einhorn. Frankfurt am Main
1966
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