Metzger  Giuseppe der Metzger von Pavona ist gestorben, bitteschön. Man hat ihn an den Füßen aus dem Wasser gezogen und auf die Wiese gelegt. Er hatte offene Augen, aufgedunsene Lippen ein weißes Gesicht und Hände so kalt wie eine Schlange. Er ist ertrunken in zwanzig Zentimetern Wasser im Priestergraben in der Nähe von Rossandas Haus dem Brandhof.

Seine Frau hat sich ins Haus eingeschlossen und will niemanden sehen, sie hat recht, aber die Polizei hat gesagt wir bitten Sie um Verzeihung wegen Ihres Schmerzes wir müssen Ihnen ein paar Fragen stellen. Da hat sie gesagt, sehen Sie es handelt sich um einen Unfall, wenn einer ins Wasser fällt und nicht schwimmen kann. Aber was hatte der Metzger in der Nähe des Grabens zu tun? Vielleicht ist er ins Wasser gefallen, v/eil er meinte auf einen Baum zu klettern. Und warum wollte er auf einen Baum klettern wenn es doch ringsum keine Bäume gibt? Darum ist er eben ins Wasser gefallen, sagt die Frau, laßt mich in Ruhe.

Reden wir nun vom Metzger. Er hinterging die Lebensmittelkontrolle, er schlachtete Tiere die an einer Krankheit gestorben waren, er verkaufte tiefgekühltes als frisches Fleisch. Kauft nichts Tiefgekühltes, sagte er, das ist schädlich. Die große Findus-Fabrik in der Nähe von Latina, diese Schweizer die nach Italien kommen, sagte der Metzger. Er wollte eine große Schwarzmetzgerei aufziehen um die ganze Gegend von Albano bis zum Meer zu beliefern.

Vielleicht hat die sizilianische Mafia ihn getötet, von ihr hängt der Schwarzmarkt in ganz Latium ab, sie kontrolliert auch die Engros-Märkte. Die Mafia, sagt die Frau, was ist das, sie kannte nicht einmal den Namen derselben.

Die Polizei will wissen, ob er ab und zu ein wenig trank da ist nichts Schlimmes dabei. Vielleicht ist er gestürzt, weil er getrunken hatte, er trank nur Wasser, sagt die Frau. - Luigi Malerba, Salto mortale. Frankfurt am Main 1987 (zuerst 1968)

Metzger (2)

Metzger (3)

Metzger (kunstsinniger, 4)    Über seine Fleischbank hat Monsieur Boillault ein Gemälde gehängt, das er auf dem Speicher seiner Schwiegereltern im Departement Yonne gefunden hat. »Dieses Gemälde ist mindestens hundert Jahre alt!« sagt er stolz. Man sieht darauf eine auf einem Tisch liegende Männerleiche, umgeben von schwarzgekleideten Herren in altertümlichen Kleidern mit spitzen Instrumenten in der Hand, deren sie sich bedienen, um der Leiche an verschiedenen Stellen Schnitte beizubringen. Monsieur Boillault ist zufrieden mit seinem Gemälde, das, wie er mir gesagt hat, außer mir niemand bewundert. Madame Boillault findet es »widerlich« und sagt, daß man so was Veronica nicht vor die Augen hängen dürfe. Aber Veronica, die fünf Jahre alt ist, hat ganz andere Sorgen im Kopf: Sie denkt daran, ihren Stammplatz im Sandkasten der Grünanlage Grands-Edredons zu behalten und ihn gegen alle anderen kleinen Ärsche zu verteidigen, die ihn begehren. - Jacques Roubaud, Die schöne Hortense. München 1992 (dtv 11602, zuerst 1985)
 
 

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Fleischer