enschenwert
Ein Seefahrer hörte in einer Gesellschaft dem Streite zu, den Gelehrte
über den Rang unter sich, nach ihren Fakultäten, führten. Er entschied ihn auf
seine Art, nämlich: wie viel ihm wohl ein Mensch, den er gekapert hätte, beim
Verkauf auf dem Markt in Algier einbringen würde. Den Theologen und Juristen
kann dort kein Mensch brauchen; aber der Arzt versteht ein Handwerk und kann
für bar gelten. - König Jakob I. von England wurde von der Amme, die ihn gesäugt
hatte, gebeten: er möchte doch ihren Sohn zum Gentleman (feinem Mann) machen.
Jakob antwortete: das kann ich nicht; ich kann ihn wohl zum Grafen, aber zum
Gentleman muß er sich; selbst machen. - Diogenes (der Zyniker) ward (wie die
vorgebliche Geschichte lautet) auf einer Seereise bei der Insel Kreta weggekapert und auf dem Markte bei einem öffentlichen Sklavenverkauf ausgeboten. Was
kannst du, was verstehst du ? fragte ihn der Mäkler, der ihn auf eine Erhöhung
gestellt hatte. »Ich verstehe zu regieren, antwortete der Philosoph, und du
suche mir einen Käufer, der einen Herren nötig hat.« Der Kaufmann, über dieses
seltsame Ansinnen in sich selbst gekehrt, schlug zu in diesem seltsamen Handel;
indem er seinen Sohn dem letzteren zur Bildung übergab, aus ihm zu machen was
er wollte, selbst aber einige Jahre in Asien Handlung trieb und dann seinen
vorher ungeschlachten Sohn, in einen geschickten, wohlgesitteten, tugendhaften
Menschen umgebildet, zurück erhielt. - - So ohngefähr kann man die Gradation
des Menschenwerts schätzen. - Immanuel Kant, Anthropologie in pragmatischer
Hinsicht (zuerst 1798/1800)
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