Meerleuchten  Was mir diese Nacht vorzüglich merkwürdig machte, war das Leuchten des Seewassers, das ich noch nie gesehen hatte. Es waren nicht etwa einzelne Funken oder schnell vorübergehende schwache Blitze, sondern der Schaum der Wellen schien völlig zu glühen, welches, da dieser Wellen unzählig viele waren, ein Feuerwerk vorstellte, das wohl so gut war als dasjenige, welches die Artilleristen zu Hannover abbrennen werden, wenigstens war es für mich angenehmer, so sehr ich auch sonst Feuerwerke liebe, und ich kenne den Geschmack von Ew. Wohlgeb: und dem ganzen Kleeblatt so gut, daß ich wohl sicher behaupten darf, sie würden gegen mein Feuerwerk gewiß alle die Herrlichkeiten der Artilleristen gern entbehrt haben. Ich ließ einen Eimer voll heraufholen, und so wie ich die Hand in demselben bewegte, leuchteten die kleinen Wellen an verschiedenen Stellen, wie sich ohngefähr ein schief auffallendes Licht in denselben abzubilden pflegt.  - Lichtenberg an Johann Andreas Schernhagen, nach (mehr)

Meerleuchten (2)   Du wirst vermuthlich wissen daß das Seewasser bey gewissen Winden des Nachts leuchtet, diese schöne Erscheinung habe ich bey dieser Fahrt recht genossen, wo unser Schif das Meer schäumen machte, war es als wenn die Sonne auf Haufen von Stückchen Lahn schiene, und wenn man in das Meer spuckte oder pisste, welches beydes fast von uns allen, ohne egard für die Damens an Bord, versucht worden ist, so schien es allemal in dem Wasser zu blitzen.  - Lichtenberg an den Bruder Friedrich Christian, nach (mehr)

Meerleuchten (3)  Das Meer schien in Flammen zu stehen. So weit das Auge reichte, leuchtete das Wasser. Aber es war nicht der rote Flammenschein eines Kraters oder eisernen Ofens. Kein Knistern, keine Hitze, keine Purpurröte, kein Geräusch war zu bemerken. Bläuliche Streifen wie die Falten eines Leichentuches lagen auf dem Wasser. Weithin breitete sich ein bleicher Schimmer über das Meer aus. Es war das Gespenst einer Feuersbrunst.

Die Seeleute des Ärmelkanals kennen dies unbeschreibliche phosphoreszierende Leuchten, das ihnen Gefahren andeutet. Nirgends tritt dies Meerleuchten merkwürdiger auf als im „Großen V" bei Isigny.

Bei diesem Leuchten verlieren die Dinge ihre Realität und scheinen von gespenstischer Durchsichtigkeit zu sein. Von den Felsen sieht man nur noch die Umrisse. Ankerkabel gleichen weißglühenden Eisenstangen. Die Fischernetzc sehen unter Wasser aus wie aus Feuerfäden gewirkt. Das Ruder ist oberhalb des Wassers schwarz wie Ebenholz; unter Wasser glänzt es wie Silber. Tropfen, die ins Meer zurückfallen, glitzern wie Sterne. Jedes Schiff zieht hinter sich her einen Kometenschweif. Durchnäßte Matrosen sehen aus, als stünden sie in Flammen. Taucht man die Hände in die Flut, so tragen sie beim Herausziehen glühende Handschuhe. Aber dieses Feuer ist tot und brennt nicht. Der Schaum funkelt. Die Fische sind wie Feuerzungen und zerrissene Blitze, die sich in der bleichen Tiefe tummeln. - Victor Hugo, Die Arbeiter des Meeres, Leipzig 1954 (zuerst 1866)

 

Meer Leuchten

 

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