edienkritik  Es verdiente wohl, daß man am Ende des Jahres ein Gericht über die Zeitungen hielte, vielleicht machte dieses die Schreiber derselben behutsamer. Da die Zeitungsschreiber auch selbst belogen werden, so müßte man behutsam verfahren um nicht Unrecht zu tun. Man müßte zwei oder mehrere entgegengesetzte Blätter miteinander vergleichen, und beide mit dem Lauf der Begebenheiten. So ließ sich am Ende etwas über den Wert der politischen Zeitungen überhaupt festsetzen. Ihr Charakter, oder auch ein Vorspiel in Versen, wo die deutschen politischen Zeitungen als Personen aufträten, könnte eine gute Satire werden. Das Politische Journal, Schlözers Staats-Anzeigen, das Ristretto, der Correspondent, der Moniteur. Sie könnten angeben, womit sie handeln. Sie könnten als Handelsleute, Contrebandiers arretiert werden. - (licht)

Medienkritik (2)  Im Westen wie im Osten wäscht man euch das Gehirn mit den monumentalen Kübeln der Massenmedien. Frech-dreiste oder hinterhältige Propaganda, Werbung als Nagel in den Kopf, Katechismus - von welchem dieser drei Moloche soll man sich am ehesten auffressen lassen?

Durch die Presse, durch das Radio, durch das Fernsehen schläfert man euch ein, kastriert man euch: ihr werdet mit Nachrichten gefüttert, die - selbst unverfälscht - auf bloße Informationen reduziert sind und, als plattgewalzte Realitäten, nur mehr ein leeres Wortgeröll darstellen oder als reines Bilderpanoptikum fungieren! Wenn es wahr ist, Gutenberg, daß du jenes erste Mittel der Massenverbreitung, die Druckerei erfandest, hätte man dich dafür nicht auf den Scheiterhaufen werfen sollen?

Hier, auf der Allerweltsseite, schluckt man ohne Erbrechen den täglich offerierten Brei, überfettet von Sportereignissen und Kriminalaffären und mit einer allzu oft törichten Kurzweil gewürzt. Auf der Seite der Intelligentsia Jargonnieren die Einen - sich mit großen Systemen umstellend - und die Anderen, angeblich auf dem Weg zu größerer Erleuchtung und unter dem Vorwand - als Wissende, die sich nichts vormachen lassen - die Ungewißheiten des Diskurses und das täuschende Vertrauen, das man in ihn setzt, zu umgehen: die Anderen schwatzen so viele Worte über Worte zusammen, daß die Sprache bei ihnen nur mehr für sich selbst spricht und sich im eigenen Labyrinth verläuft. Geht es in diesem Tempo weiter, so frage ich mich, ob es in ein paar Jahren noch einen geistigen Hafen geben wird, der vor den Verwüstungen jener doppelten Pest geschützt ist: der Degradierung der Sprache im Dienst eines diskontierten Kuhhandels mit Mengenrabatt und - ein weniger verderbliches, weil subtileres und daher selteneres Übel - der Ermattung durch exzessives Ausfeilen und Polieren oder wegen unausgesetzten Im-Kreise-Gehens. Das Audiovisuelle als Schulmeister, der gewitztere Comic, auch ihr seid mit von der Partie und schadet, jeder auf seine Weise, der lebendigen Ausübung des Denkens, denn haltet ihr nicht den Geist dazu an, wie ein Kind nur noch am Gängelband zu gehen?

Wenn auch die Anästhesie einen unbestreitbaren Fortschritt darstellt (den einzigen freilich, denn kommt es überhaupt darauf an, ob man länger dauert, wo das Leben deswegen nicht weniger schnell vergeht, daß man größere Annehmlichkeiten genieße, wo das einzig den Appetit vergrößert, oder gar daß wir eine positivere, objektivere Anschauung unserer Lage gewinnen, wenn der unmenschliche Kult des Genius Fortschritt den der toten Götter ersetzt hat?), ist das ein Grund, jedes Mittel recht sein zu lassen, vom gröbsten bis zum allerfeinsten, um uns bei vollem Bewußtsein und ohne daß wir uns dagegen aufbäumten, das Gehirn auszublasen?  - (leiris2)

Medienkritik (3)

- N. N.

Kritik Medien
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