edienkarriere
Um die Jahrhundertwende tauchten einige Möchtegern-Desperados auf,
die auf schnellen Ruhm hofften. Bekannt wurde etwa Al Jennings, der zusammen
mit seinem Bruder vier überaus dilettantische Zugüberfälle verübte. Jennings
besaß ein ausgeprägtes Show-Talent. Nach seiner Begnadigung durch Präsident
Theodore Roosevelt ging er zum Film, wo er seine Outlaw-Karriere
zielstrebig ausschlachtete. - Hans C. Blumenberg, Wanted. Steckbriefe
aus dem Wilden Westen. München 1973
Medienkarriere
(2) Eines Tages begann der Discjockey oder, besser gesagt,
der Stimmungsmacher beim Rundfunk Nuno Tuno zwischen zwei Schallplatten, mitten
in seinem Gerede derart zu geifern, wie im gesamten
Italienischen Rundfunk in dieser Weise bisher noch nie jemand gegeifert hatte.
Nuno Tuno wurde in eine Kammer gebracht, und dort fuhr er unter allgemeiner
Bewunderung fort zu geifern. Der schaumige Speichel, der ihn nun von Kopf bis
Fuß bedeckte, kühlte sich ab und verhärtete sich zu einer Schutzschicht, die
ihn völlig einhüllte, ausgenommen ein Loch für den Mund, wie bei einer Puppe.
Nuno Tuno blieb in ruhender Stellung dort in der Kammer, die Gliedmaßen waren
eng an die Seiten des Körpers und an die immer mehr verkalkende Kleidung geschweißt,
aber nach einigen Tagen bemerkte man, daß er mittels eines Systems von Häkchen,
Cremaster genannt, nach unten hing und auf einer Unterlage ruhte, die mit Seide
und Seidenfäden gepolstert war, wie jene, die sein Kokon umhüllten und ihn zusammenhielten.
In den diesbezüglichen Kommuniqués wurde Nuno Tuno nicht als Puppe, sondern
als Larve bezeichnet, was ungenau ist, denn es
gibt keinen Beweis, daß er ein Falter geworden wäre. Was immer er auch geworden
wäre, beim Rundfunk wußte man nicht, was man mit ihm anstellen sollte, bis man
entdeckte, daß die Puppe nicht nur sprach, sondern sogar die Zukunft voraussagte.
So wurde er dem Ersten Programm des Fernsehens überstellt, als Orakel,
Kategorie Journalisten; gleich nach der Tagesschau, welche die Ereignisse des
Tages schildert oder schildern sollte, erscheint Nuno Tuno mit dem Kopf nach
unten in seinem schimmernden Kokon und berichtet über die Ereignisse des folgenden
Tages. Nicht immer erweisen sich diese Voraussagen als wahr, und bald stellte
sich heraus, daß die Leute nicht wirklich wissen wollen, was sich ereignen wird,
vor allem, wenn es sich nicht ereignet. Es gab viele Proteste, zum Beispiel
weil Nuno Tuno den Tod des Ministerpräsidenten angekündigt hatte, und dann mußte
man feststellen, daß er nicht starb, ganz im Gegenteil. -
(bdm)
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