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Die Medien haben sich selbst an die Stelle der älteren Welt gesetzt. Auch wenn
wir den Wunsch hätten, diese ältere Welt wiederzuentdecken, könnten wir das
nur durch intensives Studium der Methoden erreichen, mittels deren die Medien
sie verschlungen haben. - Marshall McLuhan, nach: Susan Sontag,
Über Fotografie. Frankfurt am Main 2003 (Fischer-Tb. 3022, zuerst 1977)
Medien (2)
Medien (3) Das Projekt einer Dokumentation sei eben gescheitert und am Scheitern sei eben nicht viel zu verstehen. Man scheitere eben und fertig. Sei man einmal gescheitert, so könne man zwar, wie er es auch getan habe, immer wieder versuchen, dieses Scheitern umzudeuten oder gar rückgängig zu machen. Man könne versuchen, aus seinem Scheitern Geld zu schlagen, indem man das Projekt des Scheiterns dem Rundfunk oder der Presse oder sogar dem Fernsehen anbiete. Nicht, daß man im Rundfunk, in der Presse oder im Fernsehen keine gescheiterten Projekte vorführe. Im Gegenteil führe man von morgens bis abends gescheiterte Projekte vor und zeige gescheiterte Existenzen und beschreibe das Scheitern in all seinen Facetten. Aber gerade weil man sich in den Medien auf das Scheitern spezialisiert habe, quasi das Scheitern verwalte, komme man mit dem Bewußtsein des eigenen Scheiterns in den Medien nicht weiter. Das sei ihm inzwischen klar geworden, weshalb er die Präsentation seines Projektes nicht ein zweites Mal auf diese Art und Weise aufziehen würde.
Natürlich werde es für ihn kein zweites Mal geben, da er nun zu seinem Scheitern
stehe, aber wenn er noch einmal vorhaben würde, aus diesem Scheitern Kapital
zu schlagen, dann wisse er jetzt genau, wie er es anstellen müsse, um bei den
Medien Gehör zu finden. Im Grunde sei es ganz einfach, man müsse nur den Ignoranten
spielen und so tun, als habe man das eigene Scheitern noch gar nicht bemerkt.
Das reize die Medien, denn sie wollten nicht von anderen gesagt bekommen, wer
oder was gescheitert sei, vielmehr wollten die Medien selbst das Scheitern vorführen,
aber um das Scheitern vorzuführen, brauche man Menschen, die von ihrem eigenen
Scheitern nichts ahnten. Deshalb lächelten die Menschen,
die ihre gescheiterten Existenzen in den Medien vorführten, auch alle, sie lächelten,
weil sie mit dem Lächeln zeigten, daß sie von nichts wüßten. Vielleicht wüßten
sie auch tatsächlich von nichts, aber das sei gleichgültig, da sich die Medien
in einer Art kollektiver Verneinung bewegten, in der sie bestimmten, wann ein
Scheitern als solches dargestellt werde und wann nicht, und das, obwohl natürlich
alle, die in den Medien auftauchten, von sich aus gescheitert seien. Aber so
seien nun einmal die Spielregeln. Wenn man die Spielregeln jedoch durchschaue
und damit die Gleichung der Medien beherrsche, sei alles ganz einfach. Die Medien
könnten nämlich gar nicht anders, als sich reflexhaft in ihrem Scheitern selbst
zu entlarven, denn genau das sei Teil des Scheiterns, reflexhaft etwas tun zu
müssen, ohne eine andere Wahl zu haben. -
(rev)
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