Die, welche gern bey uns schmausen, kann man am leichtesten dadurch verscheuchen, daß man sie, ohne ihnen etwas zu reichen, wieder fort lasse; aber gegen Schmeichler, besonders gegen die von feinerer Art, soll man, seiner eigenen Moralität wegen, auf seiner Hut seyn. Sie verderben uns von Grund aus, wenn wir unser Ohr an ihren Sirenen=Gesang gewöhnen. Dann wollen wir ohne Unterlaß gestreichelt und gekitzelt sein, finden die wohlthätige Stimme der Wahrheit nicht harmonisch genug, und vernachlässigen und versäumen die treuern, bessern Freunde, die uns aufmerksam auf unsre Fehler machen wollen.
Um nicht so tief zu fallen, wafne man sich mit Gleichgültigkeit gegen die gefährlichen Lockungen der Schmeicheley. Man fliehe vor dem Schmeichler, wie vor dem bösen Feinde! Allein das ist nicht so leicht wie man wohl glaubt; Es giebt eine Art Süßigkeiten zu sagen, die das Ansehen hart, als wolle man grade das Gegentheil thun. Der schlaue Schmeichler, der Deine schwache Seite studiert hat, wird, wenn er Dich für zu verständig hält, um nicht die gröbern Schlingen dieser Art für gefährlich zu erkennen, Dir nit immer Recht geben; Er wird vielmehr Dich tadeln; ... Er wird Mängel an Dir finden, und mit verstelltem Eifer dagegen declamiren, Schwachheiten und Mängel, auf welche Deine Eitelkeit sich etwas einbildet. ...
Auf diese Weise wird er sich bey Dir und andern Kurzsichtigen in den Ruf eines unpartheyischen, wahrheitsliebenden Mannes setzen; sein honigsüßer Trank wird glatt hinuntergehn, und in der Berauschung werden Dein Herz und Dein Beutel dem verschmitzten Spötter offenstehn.
Vielfältig habe ich, besonders an Höfen, dergleichen Männer
angetroffen, die, unter der Maske der Bonhomie, und bei dem Rufe, den
Fürsten tapfer die Wahrheit zu sagen, die ärgsten Maulschwätzer
waren. -
(kni)
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