artyrium  Zunächst riß man ihm mit Haken das Fleisch von den Knochen; unter die Fingernägel wurden ihm zugespitzte Schilfrohre getrieben. Man wollte ihn eben zwingen, glühendes Blei zu trinken, da stürmte das Volk den Platz und verhinderte die Fortsetzung der Tortur. Anderntags warf man Bonifatius in einen Kessel mit kochendem Pech, das ihn jedoch dank des Eingreifens eines Engels nicht verletzte. Die Schergen allerdings trugen durch die siedenden Spritzer bedeutende Wunden davon. Als er endlich geköpft wurde und sein Haupt fiel, bebte die Erde.   - Albert Christian Sellner, Immerwährender Heiligenkalender. Frankfurt am Main 1993

Martyrium (2)

Martyrium (3)

Martyrium (4)   Wenzel ordnete die Folter an. Der Widerspenstige wurde aufs Rad gespannt und mit eisernen Gerten gezüchtigt. Der Tyrann selbst drückte glühende Eisenstäbe in seinen Leib. Als Johannes aber weiter schwieg, als hätte ihm ein unsichtbares Schloß die Lippen verriegelt, ließ Wenzel ihm endlich die Hände auf den Rücken und die Füße an den Kopf fesseln. Vor seinen Mund band man ein Stück Holz. Schergen warfen ihn bei Nacht und Nebel in die Moldau. Doch der schwimmende Leichnam erstrahlte in einem Lichterglanz, der die ganze Stadt erhellte.  - Albert Christian Sellner, Immerwährender Heiligenkalender. Frankfurt am Main 1993

Martyrium (4)  Als er den Gerichtssaal betrat, waren dort Streckbank, Glutpfanne und andere Marterwerkzeuge aufgestellt. Der Richter behandelte ihn zuvorkommend und verhieß ihm Schonung, sogar reiche Belohnungen, wenn er dem gekreuzigten Gott entsage. Als Theodot sich jedoch unerschüttert zu seinem Glauben bekannte, begannen die Schergen mit der Folter. Zuerst zerfleischten sie ihn mit eisernen Haken, gossen Essig in die Wunden und versengten sie mit brennenden Holzscheiten. Dann befahl der Richter, ihn mit Steinen ins Gesicht zu schlagen und mit Zangen die Zähne herauszubrechen.

Die Folterarbeit ermüdete seine Peiniger, und so wurde er zunächst wieder ins Gefängnis gebracht. Nach fünf Tagen versuchte der Eichter ihn aufs neue zur Abkehr von seinem Glauben zu bewegen. Vergebens. Da rissen die Schergen die verbundenen und verschorften Wunden wieder auf und wälzten den blutenden Leib in glühenden Scherben. Als auch dies den Bekennersinn des Geschundenen nicht zu wandeln vermochte, wurde er endlich enthauptet.  - Albert Christian Sellner, Immerwährender Heiligenkalender. Frankfurt am Main 1993

Martyrium (5)  Achaz diente als Hauptmann im römischen Heer. Als sein Glaube entdeckt wurde, spannte man ihn zwischen vier Pfosten und schlug ihn mit Ochsensehnen. Darauf wurden ihm mit bleiernen Kolben die Wangen zerschlagen, die Zähne ausgebrochen, sein Rücken und sein Unterleib mit Dornenstöcken zerfleischt und zuletzt das Haupt abgeschlagen. - Albert Christian Sellner, Immerwährender Heiligenkalender. Frankfurt am Main 1993

Martyrium (6)  Die fromme Jungfrau Febronia versuchte durch strenges Fasten und anhaltende Bußübungen ihre Schönheit zu bekämpfen, um nicht Gegenstand männlicher Gelüste zu werden. Doch je mehr sie den Leib züchtigte, desto schöner wurde er.

Unter der Verfolgung des Diokletian ließ sie der Präfekt Seianus vor Gericht führen und entbrannte auf der Stelle in Begierde zu ihr. Sie aber weigerte sich, auch nur die geringsten Zugeständnisse hinsichtlich ihrer Keuschheit oder ihres Glaubens zu machen. Nun wurde sie mit Ruten und Bleikolben geschlagen, nackt auf die Streckbank geschnallt und ihr Leib mit eisernen Krallen zerrissen. »Was hast du nun von deiner Keuschheit«, höhnte der Präfekt, »da deine Blöße allen Blicken preisgegeben ist?« Febronia aber antwortete: »Ringen nicht auch die Athleten im Gymnasium mit nackten Körpern? Du besiegst mich nicht, ich kämpfe für Christus!« Als sie auch unter schrecklichsten Qualen standhaft blieb, ließ sie der gedemütigte Seianus enthaupten. - Albert Christian Sellner, Immerwährender Heiligenkalender. Frankfurt am Main 1993

Martyrium (7)  

Martyrium (8)

Martyrium (9)

Martyrium (10)

Martyrium (11)  Hadrian gebot,  die sieben Söhne der Symphorosa an sieben Pfähle zu binden. Mit Winden wurden ihnen die Gelenke auseinandergerissen, aber sie ermunterten sich nur gegenseitig zur Ausdauer. Nun wurde Crescentius erdrosselt, Julianus durch einen Dolchstich in die Brust getötet, dem Nemesius das Herz mit einer Lanze durchbohrt, Primitivus der Leib durchstochen, Justinus die Hüften zerschmettert, Stactäus die Seite aufgeschnitten und Eugenius, der Jüngste, von oben nach unten gespalten. - Albert Christian Sellner, Immerwährender Heiligenkalender. Frankfurt am Main 1993

Martyrium (12)  Angeekelt winke ich zornig nach dem Ober, Elisabeths & meine Rechnung zu bezahlen. Der Kellner jedoch läßt sich ausgiebig Zeit - offenbar will dieser Lackei mein Martyrium bis zur Neige auskosten. Also muß ich der Frau mit den Schweinsbacken noch beim Essen zusehn. Den kleinenbösen Mund reißt sie bei jedem Bissen gewaltig auf, Marder-Zähne entblößend und den Rachenschlund, u weil das ungeniert= offene Maul-Aufreißen Hauptzweck sein muß, stopft sie jeden Brocken hochkant in den Mund, & verschlingt ihn mit schlapfendem Geräusch. (Der Selbstgestrickte, über den Teller gekrümmt, mümmelt kleinmäulig rasch.)    - (jir)

Martyrium (13)

Martyrium der heiligen Eulalie

Für Rafael Martinez Nadal

I
ANSICHT VON  MERIDA

Durch die Straße läuft ein Pferd,
läuft und scheut, mit langem Schweif,
während Veteranen Roms
dösen, spielen, Zeit totschlagen.
Und ein Haufen von Minervas
spreizt die blätterlosen Arme.
Wasserdunst schwebt um die Felsen
und vergoldet ihre Kanten.
Nacht der hingestürzten Torsi
und der Sterne ohne Nasen -
wenn der Morgen rötlich einreißt,
wird sie ganz zusammenfallen.
Gotteslästerungen recken
dann und wann den roten Kamm.
Wenn die kleine Heilige stöhnt,
springen Weingläser in Scherben.
Kreischend schleift das Rad die Messer
und die spitzen krummen Haken.
Wütend brüllt der Amboßstier,
während Merida sich Kränze
aus nicht ganz erwachten Narden
und aus Brombeerranken windet.

II
DAS  MARTYRIUM

Nackt steigt Flora in die Höhe
über schmale Wassertreppen.
Eine Schale will der Konsul
für die Brüste von Eulalie.
Und ein Strahl aus grünen Adern
quillt hervor aus ihrer Kehle.
Ihr Geschlecht verfängt sich zitternd
wie ein Vogel in den Ranken.
Auf dem Boden, regellos,
zucken abgehackt die Hände,
und sie falten sich noch immer
zaghaft zu geköpftem Beten.
Durch die beiden roten Löcher -
eben waren dort noch Brüste -
sieht man kleine Himmel scheinen,
sieht man Bäche weißer Milch.
Tausend kleine Bäume Blut
wachsen über ihren Rücken,
recken ihre feuchten Stämme
mitten ins Skalpell der Flammen.
Gelbsüchtige Zenturionen,
grau und schlaflos an den Gliedern,
ragen himmelhoch und lassen
ihre Silberpanzer scheppern.
Bis zum Ende der Passion,
durch Tumult von Schwert und Roßhaar,
trägt der Konsul auf der Schale
ein Paar rauchgeschwärzte Brüste.

III
HÖLLE  UND VERKLÄRUNG

Schnee liegt wellig auf den Dingen.
Eulalie hängt am Ast des Baums.
Kohle ist ihr nackter Leib,
schwärzt die bitter kalte Luft.
Straff gespannte Nacht erstrahlt.
Eulalie tot am Ast des Baums.
Tintenfässer aller Städte
kippen langsam Tinte aus.
Schwarze Schneiderpuppen
decken den verschneiten Acker zu,
liegen dort in langen Reihen,
stöhnend in versehrter Stummheit.
Ein gebrochener Schnee setzt ein.
Eulalie weiß am Ast des Baums.
Nickelzacken in der Seite,
deren Spitzen sich berühren.

*

Über den verbrannten Himmeln
eine strahlende Monstranz.
Ringsum Kehlen voller Ströme,
Zweige voller Nachtigallen.
Glas zerspringt in tausend Farben!
Eulalie weiß im weißen Glanz.
Engelscharen und Seraphe sprechen:
Heilig, heilig, heilig.

  - Federico García Lorca, Zigeunerromanzen. Frankfurt am Main 2002 (zuerst 1924-1927)

 Qual Glaube Ertragen Opfer

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Synonyme