arsmenschen    Mr. Cave  konnte das Verhalten der geflügelten Leute beobachten, ohne gestört zu werden, und obwohl sein Bericht darüber notwendigerweise undeutlich und bruchstückartig sein mußte, war er trotzdem sehr beeindruckend. Man stelle sich den Eindruck vor, den ein Marsbewohner bekommen würde, dem es gelingt, vom Turm der St. Martins-Kirche aus London zu sehen, und zwar jedesmal höchstens vier Minuten lang. Mr. Cave konnte nicht mit Sicherheit sagen, ob die geflügelten Marsbewohner dieselben wie die auf den Straßen und Terrassen Umherspringenden waren, und ob die letzteren, wenn sie wollten, auch Flügel ausstrecken konnten. Mehrere Male sah er plumpe Zweifüßler, entfernt an Affen erinnernd, weiß und teilweise durchsichtig, die unter den flechtenbewachsenen Bäumen etwas aßen, und einmal flohen einige von ihnen vor einem der springenden Marsbewohner. Der letztere fing einen der Zweifüßler mit seinen Fühlern, und dann erlosch das Bild plötzlich und überließ Mr. Cave quälender Ungewißheit. Bei einer anderen Gelegenheit erschien ein ungeheures Etwas, das Mr. Cave zuerst für ein riesiges Insekt hielt, und bewegte sich mit rasender Schnelligkeit auf der Straße neben dem Kanal. Als es näher kam, entdeckte Mr. Cave, daß es ein Mechanismus aus glänzendem Metall und von komplizierter Bauart war. Im nächsten Augenblick war es verschwunden.

Nach einiger Zeit versuchte Mr. Wace die Aufmerksamkeit der Marsbewohner zu erregen, und als wieder einmal die seltsamen Augen eines von ihnen dicht vor dem Kristall erschienen, rief Mr. Cave es ihm zu und sprang zurück. Sie schalteten das Licht ein und gestikulierten, als ob sie Signale gäben. Als Mr. Cave dann aber wieder in den Kristall blickte, war der Marsbewohner verschwunden. . - Herbert George Wells, Das Kristall-Ei. In: H.G.W., Die Tür in der Mauer. Stuttgart 1983. Die Bibliothek von Babel Bd. 29, Hg. Jorge Luis Borges

Marsmenschen (2)   Die neue Lebensform auf dem Mars entstand aus einer anderen subvitalen Molekularverbindung, aus einer Verbindung, die bisher an der Evolution keinen Anteil gehabt und nur eine sehr untergeordnete Rolle als Virus in den Atmungsorganen der Tiere gespielt hatte. Es handelte sich dabei um ultramikroskopische, subvitale Organisationsformen, die noch viel kleiner als Bakterien oder Viren der Erde waren. Sie kamen ursprünglich in den sumpfigen Tümpeln vor, die jeden Frühling austrockneten, und zwar in Ablagerungen von trockenem Schlamm oder Staub. Einige von ihnen wurden durch Staubteilchen in die Luft mitgenommen und gewöhnten sich an eine sehr trockene Lebensweise. Sie existierten durch Aufnahme gewisser chemischer Stoffe dieser Staubteilchen und einer winzigen Menge von Luftfeuchtigkeit. Ebenso absorbierten sie das Sonnenlicht und gebrauchten es auf die gleiche Art, wie es die Pflanzen zur Photosynthese verwenden.

Bis hierher glichen sie anderen Lebewesen, aber sie besaßen dazu noch gewisse Fähigkeiten, die den anderen bereits bei Beginn ihrer Entwicklung verlorengegangen waren. Die irdischen Lebensformen sowie diejenigen Lebensformen auf dem Mars, die den irdischen glichen, benötigten zur Aufrechterhaltung ihrer Lebensfähigkeit ein Nervensystem oder andere materielle Verbindungstrakte, die den Kontakt zwischen den einzelnen Teilen des Organismus aufrechterhielten. In den differenziertesten Typen dieser Art bestand ein außerordentlich kompliziertes, auf den Nerven aufgebautes ›Telephonsystem‹, das jeden Körperteil mit einer sehr umfangreichen Zentrale, dem Gehirn, verband. Bei irdischen Organismen handelte es sich ausnahmslos um in sich zusammenhängende stoffliche Gebilde, die auch in ihrer Form eine gewisse Beständigkeit beibehielten. Aber aus den charakteristischen subvitalen Organisationsformen des Mars entwickelte sich schließlich eine völlig andersartige Lebensform, bei der ein stofflicher Zusammenhalt zwischen den einzelnen Teilen weder zur Abstimmung des Verhaltens noch als Bewußtseinszentrale nötig war. Das wurde auf einer ganz anderen physikalischen Grundlage erreicht. Die ultramikroskopischen Teile waren empfänglich gegenüber allen Arten von Luftschwingungen, und zwar direkt empfänglich, so wie dies keiner irdischen Lebensform möglich gewesen wäre, und sie konnten auch selber Luftschwingungen hervorrufen. Auf dieser Grundlage entwickelte sich auf dem Mars schließlich eine Lebensform, der es möglich war, ohne stofflichen Zusammenhang als ein mit Bewußtsein versehenes Wesen zu bestehen. Der typische Organismus bestand auf dem Mars aus einer kleinen Wolke, einer Gruppe von freibeweglichen Einheiten, die von einem Gruppenbewußtsein beherrscht wurden. - Olaf Stapledon, Die letzten und die ersten Menschen. München 1983 (Heyne 06/21, zuerst 1930)

Menschengruppen (physisch) Außerirdische

 

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