arionette   Es war die unsterbliche »Rache der Wahrheit«, was gespielt wurde, die reizendste Marionettenkomödie, die es gibt. Jedermann wird sich erinnern, wie eine Zauberin den Plan ausheckt, das Haus samt allen Geschöpfen darin zu verwünschen, dergestalt, daß jede Lüge hier zur Wahrheit wird. So das gewinnsüchtige Weibchen, das nach einem reichen Mann trachtet, dem sie erzählt, daß sie ihn liebt, verliebt sich in ihn; aus dem Aufschneider wird ein Held; der Scheinheilige wird richtig fromm; der alte Geizhals, der den Leuten erzählt, daß er arm sei, verliert sein ganzes Geld. Wenn die Frauen unter sich sind, sprechen sie in Versen, aber die Redeweise der Männer ist teilweise sehr gewöhnlich; nur ein junger Knabe, er die einzige unschuldige Person in der Komödie, hat einige wunderhübsche Liedchen zu singen, die von einer Mandoline hinter der Bühne begleitet werden.

Die Moral des Stückes gefiel dem Publikum, ihre müden, staubigen Gesichter leuchteten auf, als sie über Mopsus, den Spaßmacher, lachten. Das junge Mädchen folgte der Entwicklung der Verzauberung, als dichte sie im Geiste das Spiel mit. Augustus in seiner augenblicklichen Verfassung war von einigen der Gespräche seltsam im Herzen berührt. Wenn der Liebhaber zu seiner Geliebten sagt, daß ein Stück trockenes Brot den Hunger besser stillt als ein ganzes Kochbuch, nahm er sich das in gewisser Hinsicht selbst zur Lehre. Das nichtsahnende Opfer unterhält seinen Mörder über die Schönheit des Mondlichtes, und der Bösewicht antwortet mit einem Traktat über das Sinnwidrige von Gottes Allmacht, uns mit Dingen zu ergötzen, die uns keinen Vorteil bringen, die eher das Gegenteil bewirken mögen; und er fährt fort zu behaupten, daß Gott uns folglich leiden mag, wie wir unsere Hunde leiden mögen: ist er gut aufgelegt, sind wir es auch, und ist er niedergeschlagen, sind auch wir niedergeschlagen; und macht er in einer romantischen Laune die mondbeglänzte Zaubernacht, folgen wir ihm auf den Fersen, soweit wir können. Augustus mußte lächeln. Er dachte, er möchte gern wieder fühlen wie als Kind, wie eins von Gottes Hündlein. Am Schluß erscheint die Hexe wieder, und auf die Frage, was nun eigentlich die Wahrheit sei, gibt sie die Antwort: »Die Wahrheit, meine Kinder, ist, daß ein jeder von uns in einer Marionettenkomödie spielt.«  - (blix)

Marionette (2)

"Marionette"

- Hans Bellmer

Marionette (3)
 

Puppe

 

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