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wolliger Der Mann in ihrer Mitte war voll im Fleisch. Er war einen
ganzen Kopf kleiner, gedrungen, feist, doch erstaunlich gelenkig, und über und
über mit einer grauschwarzen kräusligen Wolle bewachsen, auch über die Schultern
und rund ums Knie. Wenn er in Schweiß geriet, glänzte er silbrig. Auch sein
Haupthaar war dicht, wiewohl er Mitte der Fünfzig sein mußte; es war graubraun,
ein wenig gewellt und, zurückgekämmt, recht kurz gehalten; er trug auch weder
Bart noch Koteletten und sah stets aus, als habe er sich soeben rasiert. Vielleicht
aber war sein Bartwuchs schwach, was ja bei Leibbepelzten häufig vorkommt, denn
die Haut zeigte vom Kinn bis zu den Schläfen nicht jenes lästige Violett, wie
es nach vielem Rasieren auftritt. So leuchteten die Backen nachtweiß und voll
über dem Moos der Schulter; der Hals war sehr kurz, das Gesicht fast faltenlos,
auch die-nicht sehr hohe — Stirn beinah glatt, nur das Kinn von einer herzförmigen
Delle gezeichnet, deren Spitze sich in den Kiefergrund zog. Kleiner Mund, kleine
Ohren, der Nacken fest; auf die Augen komme ich noch zu sprechen. Seine Hände
wirkten, trotz der stumpfen Fingerkuppen, zart, die Nägel, auch die Zehennägel,
waren glatt, gleichmäßig rund gefeilt, ohne Einriß, rosig, mit deutlichen Halbmonden,
und die Hand- und Fußsohlen ohne Hornhaut weich, ja fast weiberhaft. Peinlichste
Sauberkeit; kaum merkbare Spuren von Parfüm oder sehr guter Seife. Breite Brust,
durchaus ein Bauch, bedeutend sogar, aber fleischig,
nicht fett, und gewölbt, statt hängend, gedrungene Beine, gedrungner Geschlechtsteil,
das Schamhaar von der Wolle des Bauchs und der Brust
kaum abgehoben. Massiver Trauring, das Gebiß kräftig, und Gold auch hier; der
Atem rein, keine Brille. Man sieht so viel Gesundheit in diesem Alter nicht
oft. - Franz Fühmann,
Drei nackte Männer. In: F.F., Den Katzenartigen wollten wir verbrennen. Ein
Lesebuch. München 1988 (dtv 10844, zuerst 1978)
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