ann, freier  Ich wollte nur sagen, daß es dem Herrn nicht so sehr liegt, zu dienen, daß Johannsen aber durchaus mit dem Dienen anfing und sich darin auszeichnete, daß er auch eigentlich immer bereit war, mit dem Dienst wieder anzufangen, und sein besondres Unglück lag vielleicht darin, daß er nie einen Herrn über sich gefunden hatte.

Zehnmal und häufiger im Leben hat er sich auch einem Herrn entzogen, aber immer erst, wenn er eingesehen hatte, daß dieser Mensch kein Herr über ihn sein könnte, und auch in dieser Hinsicht war Grettir garnicht ungewöhnlich, sondern recht viele Menschen sind genau, wie er. Es ist ja ungemein wohltuend, wenn sich ein Mächtiger dauernd mit Dir beschäftigt, und dauernd jene starken Strahlen in Dein Gehirn überfließen läßt, mit denen Du wollen kannst. Selbst zu wollen, in jedem Augenblick neu erfinden, was man wollen kann: immer von Neuem seine Entschlüsse fassen, ohne gedrängt zu werden, das gehört zu den größten Schwierigkeiten im Leben. Das wird selten beachtet, aber ein freier Mann sein ist nur ein Ideal, dem niemand nachgeht, weil es viel zu schwierig ist, und weil man niemals an den wirklich freien Mann denkt. Gewiß, der Bauer auf seiner Scholle wird von der Jahreszeit bewegt, von der Reife und von der Saatzeit, vom Hunger der Tiere, die brüllen, und von den Eutern, die übervoll sind. Er ist ein Gedrängter, er ist kein freier Mann. Das Leben schiebt ihn, und wenn er nur gehorcht, wenn er ein bißchen zuhört, was von ihm gefordert wird, dann muß er schon sein Leben gut ausfüllen; aber ein freier Mann, der nichts tun muß, der niemals muß, es sei denn, daß er seinen Lebensunterhalt schaffen soll, - der hat es schwer, sein ganzes Leben von Anfang bis zu Ende zu erfinden.  - Ernst Fuhrmann, Der Geächtete. Berlin 1983 (zuerst 1930)

Mann

 

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