ann,
falscher Christine erzählte von ihrer Mutter. Vor drei
Jahren hat sie zwei Briefe an mich abgefangen, hat sie geöffnet und gelesen
und sie mir nicht gegeben. Was? machte Eckhard. Unglaublich, nicht? sagte Christine.
Und wie haben Sie davon erfahren? fragte er. Weil sie mir die Briefe vor vierzehn
Tagen endlich gegeben hat. Es waren Liebesbriefe eines Lehrlings, der sich damals
in mich verliebt hatte. Der arme Junge, machte sie;
gleich nach der Lehre hat er gekündigt. Das ist ein starkes Stück, sagte Eckhard.
Meine Mutter hat gesagt, für diese Briefe wäre ich damals noch nicht reif gewesen!
sagte Christine. Hätten Sie sich in ihn verlieben können, wenn Sie die Briefe
rechtzeitig bekommen hätten? fragte Eckhard. Sie überlegte und verneinte. Ich
war damals gerade in einen anderen Mann verliebt, natürlich wieder in den falschen,
sagte sie; ich habe unwahrscheinliches Pech, ich bin bis jetzt immer an die
falschen Männer geraten. Eckhard lachte aus Verlegenheit
und bereute es im gleichen Augenblick. - Wilhelm Genazino,
Die Ausschweifung. Nach: Tintenfaß 2, Zürich 1981
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