Mann, dummer  »Ach«, rief Renée, »ich habe in diesem Jahr nicht mehr als drei verheiratete Männer kennengelernt. Oder?« Sie zählte an den Fingern ab. »Eins, zwei, drei... vier... fünf. Nicht mehr als fünf. Armand ist natürlich nicht dabei.«

»Er ist aber wohl verheiratet.«

»Nur ganz gering, so ein bißchen. Nach einem Monat Ehe hat er sich von seiner Frau getrennt. Sie ist noch Fräulein, müssen Sie wissen. Von einer Prüderie, die selbst den Satyr entmutigen müßte. Sie hat es vorgezogen, ihren Mann zu verlassen, statt ihm den Schlüssel der Generationen zu reichen, wie Molière so schön sagt. Verstehen Sie so etwas? Eine Vestalin fin de siècle! Ich hab mich totgelacht, als Armand mir das erzählte.«

»Und dies mit Grund. Bringt Armand Sie oft zum Lachen?«

»Selten. Wenn ich ehrlich bin, er ödet mich an. Er ist so dumm! Noch dümmer als mein Mann. Aber was soll man machen?« Sie rieb Daumen und Zeigefinger. »Ach, das Geld! Wir müssen in diesem Winter etwas auf die Beine stellen, damit ich mich wieder einmal richtig saniere. Denken Sie nur, ich hab keinen Sou mehr. In drei Tagen kommt von Armands Mutter ein nettes Sümmchen. Sie verkauft zwei oder drei ihrer Güter in der Normandie. Aber bis dahin sitze ich auf dem Trockenen. Und immer braucht man dies und das. Seit Anfang der Woche hab ich ein und denselben Hut auf dem Kopf. Die Miezen machen sich schon lustig über mich. Man kann nicht Respekt verlangen, wenn man acht Tage lang denselben Hut trägt. Haben Sie zwei- oder dreihundert Francs bei sich?«

»Nur fünfhundert«, sagte ich nach einem Blick in die Brieftasche, »bitte sehr.«

»Gut«, sagte sie und ließ den Schein in ihrem Ausschnitt verschwinden. »Am Dienstag haben Sie's zurück. Oder besser... Geben Sie mir Ihre Adresse. Ich komme morgen früh zu Ihnen und sage Ihnen danke schön.«

»Ich kann Ihnen meine Adresse nicht geben«, sagte ich lachend. »Ich genieße die Gastfreundschaft einer Bekannten.«

»Schottische Gastfreundschaft. Ja, ich merk schon: eine Schürze. Sie sind nicht nett. Es macht Ihnen wohl Spaß, mich die Rolle der Madame Potiphar spielen zu lassen. Ihr Pech! Ihr Geld sehen Sie nicht wieder. Sie sind der erste, der für sein Geld nicht auf seine Kosten kommt.«    - Georges Darien, Der Dieb. Nördlingen 1989 (Die Andere Bibliothek 54, zuerst 1897)

 

Mann Dummkopf

 

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