anifest  

DADA MANIFEST MANUFAKTUR

Um ein Manifest in die Welt zu schleudern, muß man wollen: A.B.C., 1,2,3 niederschmettern, nervös werden und die Flügel für die Eroberung schärfen und kleine und große verbreiten, a,b,c, unterzeichnen, schreien, fluchen, die Prosa in einer Form der absoluten, unwiderlegbaren Evidenz arrangieren, ihr Non-plus-ultra beweisen und behaupten, daß die Neuigkeit dem Leben ähnelt, wie die letzte Erscheinung einer Kokotte das Wesentliche Gottes beweist. Seine Existenz wurde schon durch das Akkordeon, die Landschaft und das gedämpfte Wort bewiesen. Sein A.B.C. aufzwingen ist eine natürliche Sache, - also bedauernswert. Jedermann macht das in einer Form von Kristallbluffmadonna, Währungssystem, pharmazeutisches Produkt, nacktes, zum glühenden und sterilen Frühling einladendes Bein. Die Liebe zur Neuigkeit ist das sympathische Kreuz, beweist eine naive Alles-Egal-Haltung, Zeichen ohne Grund, vorübergehend, positiv. Aber auch dieses Bedürfnis ist veraltet. Indem man der Kunst den Impuls der höchsten Einfachheit gibt: Neuigkeit, ist man menschlich und wirklich gegenüber der Belustigung, impulsiv, vibrierend, um die Langeweile zu kreuzigen. An der Kreuzung des Lichtes, munter, aufmerksam, auf die Jahre lauernd, im Wald.

Ich schreibe ein Manifest und ich will nichts, trotzdem sage ich einige Sachen und bin aus Prinzip gegen Manifeste, wie ich auch gegen Prinzipien bin (Deziliter für den moralischen Wert jeden Satzes - zu viel Bequemlichkeit; die Annäherung wurde von den Impressionisten erfunden). Ich schreibe dieses Manifest, um zu zeigen, daß man die entgegengesetzten Aktionen zugleich machen kann, in einem einzigen frischen Atemzug; ich bin gegen die Aktion, für den ununterbrochenen Widerspruch, auch für die Behauptung, ich bin weder für noch gegen und erkläre nicht, da ich den gesunden Menschenverstand hasse. - Tristan Tzara

Manifest (2)  Manifest Cannibale Dada  Ihr seid alle in Anklagezustand versetzt; erhebt Euch! Man kann nur mit Euch reden, wenn Ihr steht.

Steht, als hörtet ihr die Marseillaise, die russische Nationalhymne oder das God save the King. Steht, als hättet Ihr die Fahne vor Euch. Oder als wäret Ihr vor Dada, welches Leben bedeutet und Euch anklagt, alles aus Snobismus zu lieben, wenn es nur sehr teuer ist.

Ihr habt Euch alle wieder hingesetzt? Um so besser, dann werdet Ihr mich mit erhöhter Aufmerksamkeit anhören.

Was macht Ihr hier, eingepfercht wie ernsthafte Schalentiere - denn Ihr seid ernsthaft, nicht wahr?

Ernsthaft, ernsthaft, ernsthaft bis zum Tod.

Der Tod ist eine ernsthafte Sache, was?

Man stirbt als Held oder Idiot, was auf dasselbe herauskommt. Das einzige Wort, das mehr als Tageswert hat, ist das Wort Tod. Ihr liebt den Tod, den die andern sterben.

A mort, bringt sie um, laßt sie verrecken!

Nur das Geld stirbt nicht, es reist nur ein wenig fort.

Das ist Gott! Ihn verehrt man, eine ernsthafte Persönlichkeit - Geld, das ist die Kniebeuge ganzer Familien. Hoch das Geld - es lebe! Der Mann, der Geld hat, ist ein ehrenhafter Mann.

Ehre kauft sich und verkauft sich wie - das Gesäß. Das Gesäß repräsentiert das Leben wie die pommes frites, und ihr alle mit Eurer Ernsthaftigkeit stinkt schlimmer als Kuhdreck.

Was Dada angeht: es riecht nicht, es bedeutet ja nichts, gar nichts.

Dada ist wie Eure Hoffnungen: nichts
wie Euer Paradies: nichts
wie Eure Idole:
nichts wie Eure politischen Führer:
nichts  wie Eure Helden:
nichts wie Eure Künstler:
nichts wie Eure Religionen: nichts.

 Pfeift, schreit, zerschlagt mir die Fresse — und was bleibt dann? Ich werde Euch immer sagen, daß Ihr blöde Hammel seid. In drei Monaten werden wir, meine Freunde und ich, Euch unsere Bilder für einige Franken verkaufen. - Francis Picabia, nach (narr)

Manifest (3) von der Gesetzmäßigkeit des Lautes  Wenn man, die Lippen teilend, das Rauchen beginnt, als dreifaches Bewegungsmoment, dem ein viertes accidentelles Segment zufällt. Der Wille zur Macht des Tabaks als navy-cut spottet in der Calorie der Verbrennung der geistigen Profitrate. Das Rauchen, an sich Ruhe im infantilen Verhalten des Lebens, steigert sich bei der Cigarette zum Dandyismus einer hemmungslosen Projektion des Sündenfalls. Während die Kunst die einzige gewachsene Sache des Menschen ist, stellt das Rauchen eines shag calumets die trostvolle Gewißheit von der Einzigartigkeit des Geschehens und zugleich die Absolutheit, Indifferenz des Moments dar, die unvergängliche Wiederkehr alles Schwebenden in der inneren Versenktheit des Auflösens in Rauch. Das Rauchen, betrachtet vom abstrakt-konkreten Sein, enthält die Aufhebung einer sozialen Verlorenheit in den Wohlgerüchen des bryar-Holzes und einer vollendeten Form W D & H O WILLS mild capstan tobaco Bristol London, dessen Windungen unter dem Aufrollen des Glimmens im Ansaugen eines der Pranas oder Tattwas durch den leichten Geruch der feinen Maserung und seine Hornmundstückdichte umlagert.

Das Tabu einer Totemmedizin in der Erlebnissektante des Westeuropäers beseitigt alle Einwände einer primitiven Ausdrucksform wie der Wirtschaftspolitik. Geboren aus der Notwendigkeit, alles Eitle einer unklaren Bildung zu überwinden, ist die Form hingebend elegant und kurz. Die Freude des Silbers am Beschlagenwerden und um den Vierkant des Calumethalses aufblättern zur gehaltvollen Hohlheit eines doppelt gegliederten Kopfes, dessen Luftachse sich zwischen den Zähnen des Rauchenden manifestiert, als fünffache Dimension der Freiheit des Atmens und von Raum und Zeit.

Die Kunst der Besitzgier ist der Anteil einer unbegreiflichen Schöpfung, deren plastische Prismatik im Huflattich der Buche eine Beziehungsform der Rose mitteilt. Der lebendige Gedanke der Rose in Gelb ist das Eigenverkehrsproblem einer wechselnden Ondulation im Aroma des Duftes der festen Spitzigkeit ihrer Dornen. Der Mensch, bedürfend eines Katalysators seiner Gehördiscrepanzen, verleiht dem Fett die Beweglichkeit des Geruchs in der Seife, als Analogie wertet er die spectrale Tricolore der zerspringenden Kugel, abgestoßen von einem Strohhalm. Der des Darüberdenkens seiner Entstehung als quantitative Qualität seiner Kategorie entfremdet bleibt - die Pneumatik des transcendent-immanenten Seelenautos ist angeblasen vom Elan einer comprimierten Widerstandsfähigkeit, verwandt dem Benzol. Die einzigartige Verbundenheit des subjektiven Ods mit dem objektiven Oscillieren des Parfüms macht den Gebrauch des Eukalyptusinhalators zu einer lunarischen Angelegenheit der chemischen Mundhöhle. - Raoul Hausmann, in: Dada Berlin. Stuttgart 1977. Hg. Hanne Bergius, Karl Riha

Manifest (4)  MAIKÄFER FLIEG! Manifest von allem Möglichen.

Manifeste werden geschrieben, um etwas zu sagen, etwas von Bedeutung zu sagen. Ich denke aber bloß an das Leben selbst, und daran, daß die Kultur im Mittelalter so eisern war; ein stahlgepanzerter Ritter muß es schwer gehabt haben, denke ich mir, anders als schön auszusehen, wenn gleich auch er die Diarrhöe bekommen haben kann - er war stets eisern und blieb der Steilheit gothischer Dome analog in sich gefestigt, wie der heutige Mensch in seinem amerikanischen Saccoanzug nicht mehr sein kann . . . Warum mußte sich dies alles verwandeln, verändern, warum muß es die Gesetze des Fortschritts auf allen Gebieten illustrieren, statt zu beweisen, daß der Mensch derselbe blieb?

Angenommen, es träte ein Mann auf, der sich auf das Rechnen so verstünde, daß er, immer nur an ökonomische Praktiken im Denken gebunden, sein zwei und eins gleich drei so sehr beherrschte, daß er darüber das Manko, bis vier zu zählen zur psychischen Bremse herausbildete und sich nun mit Recht für einen Expressionisten hielte?

Viele Menschen glauben ernstlich, es hätte sich alles oder auch einiges geändert - was denn, mein Gott, was soll sich geändert haben?  - Aus: Raoul Hausmann, Sieg Triumph Tabak mit Bohnen. Texte bis 1933 Bd. 2. München 1982

Manifest (5)  Dass allein der römische Papst mit Recht "universal" genannt wird. … Dass er allein Bischöfe absetzen und wieder einsetzen kann. … Dass wir mit von ihm Exkommunizierten unter anderem nicht in demselben Haus bleiben dürfen. … Dass alle Fürsten nur des Papstes Füße küssen. … Dass in den Kirchen allein sein Name genannt wird. … Dass sein Urteilsspruch von niemandem widerrufen werden darf und er selbst als einziger die Urteile aller widerrufen kann. … Dass die römische Kirche niemals in Irrtum verfallen ist … Dass der römische Bischof, falls er kanonisch eingesetzt ist, durch die Verdienste des heiligen Petrus unzweifelhaft heilig wird …  - Papst Gregor VII. (1073-1085), nach:  Peter Bürger, Telepolis  vom  25.10.2009

Manifest (6)

    Wir wollen die Liebe zur Gefahr besingen, die Vertrautheit mit Energie und Verwegenheit.

    Mut, Kühnheit und Auflehnung werden die Wesenselemente unserer Dichtung sein.

    Bis heute hat die Literatur die gedankenschwere Unbeweglichkeit, die Ekstase und den Schlaf gepriesen. Wir wollen preisen die angriffslustige Bewegung, die fiebrige Schlaflosigkeit, den Laufschritt, den Salto mortale, die Ohrfeige und den Faustschlag.

    Wir erklären, daß sich die Herrlichkeit der Welt um eine neue Schönheit bereichert hat: die Schönheit der Geschwindigkeit. Ein Rennwagen, dessen Karosserie große Rohre schmücken, die Schlangen mit explosivem Atem gleichen … ein aufheulendes Auto, das auf Kartätschen zu laufen scheint, ist schöner als die Nike von Samothrake.

    Wir wollen den Mann besingen, der das Steuer hält, dessen Idealachse die Erde durchquert, die selbst auf ihrer Bahn dahinjagt.

    Der Dichter muß sich glühend, glanzvoll und freigebig verschwenden, um die leidenschaftliche Inbrunst der Urelemente zu vermehren.

    Schönheit gibt es nur noch im Kampf. Ein Werk ohne aggressiven Charakter kann kein Meisterwerk sein. Die Dichtung muß aufgefasst werden als ein heftiger Angriff auf die unbekannten Kräfte, um sie zu zwingen, sich vor den Menschen zu beugen.

    Wir stehen auf dem äußersten Vorgebirge der Jahrhunderte! … Warum sollten wir zurückblicken, wenn wir die geheimnisvollen Tore des Unmöglichen aufbrechen wollen? Zeit und Raum sind gestern gestorben. Wir leben bereits im Absoluten, denn wir haben schon die ewige, allgegenwärtige Geschwindigkeit erschaffen.

    Wir wollen den Krieg verherrlichen – diese einzige Hygiene der Welt – den Militarismus, den Patriotismus, die Vernichtungstat der Anarchisten, die schönen Ideen, für die man stirbt, und die Verachtung des Weibes.

    Wir wollen die Museen, die Bibliotheken und die Akademien jeder Art zerstören und gegen den Moralismus, den Feminismus und jede Feigheit kämpfen, die auf Zweckmäßigkeit und Eigennutz beruht.

    Wir werden die großen Menschenmengen besingen, welche die Arbeit, das Vergnügen oder der Aufruhr erregt; besingen werden wir die vielfarbige, vielstimmige Flut der Revolution in den modernen Hauptstädten; besingen werden wir die nächtliche, vibrierende Glut der Arsenale und Werften, die von grellen elektrischen Monden erleuchtet werden; die gefräßigen Bahnhöfe, die rauchende Schlangen verzehren; die Fabriken, die mit ihren sich hochwindenden Rauchfäden an den Wolken hängen; die Brücken, die wie gigantische Athleten Flüsse überspannen, die in der Sonne wie Messer aufblitzen; die abenteuersuchenden Dampfer, die den Horizont wittern; die breitbrüstigen Lokomotiven, die auf den Schienen wie riesige, mit Rohren gezäumte Stahlrosse einherstampfen und den gleitenden Flug der Flugzeuge, deren Propeller wie eine Fahne im Winde knattert und Beifall zu klatschen scheint wie eine begeisterte Menge ... - Filippo Tommaso Marinetti (1909)

Manifest (7)  Von Hinten durchbohrtes Manifest

Alle Künstler haben Köpfe von Gekreuzigten;
diejenigen, die nicht den Kopf eines Gekreuzigten haben, ähneln Krämerburschen.
Die Krämerburschen machen Kunst um das Ehrenkreuz zu bekommen.
Kunst = Gott = Idiotie + Kaufmannsgeist.
Macht Euch vom Acker.
Rubens mit seinen Mythologien, Veronese mit seinen Evangeliumsszenen, Rembrandt,
Bonnat und Bouguereau hatten Genie: Ich nenne Genie einen prächtigen Meister seines Werkes.
Cézanne seinerseits ist ein Künstler wie Henri Matisse, Picasso usw., also ein unvollständiger Mensch, eine Ware für die Rue de Beaume oder Rue Richepanse.
In der Literatur und in der Musik ist es genau das gleiche. Ich werde auf diese Frage zurückkommen.
Eine Idee ist interessant, solange sie nicht gedruckt ist. Kein Ding hat eine ideale Form, sondern eine Form schlechthin, aber wir bekommen nur einen winzigen Teil des Weltalls zu sehen - also, liebe Freunde, glaubt nicht an die Formen, die Ihr seht, sie sind nur eine Einzelheit, die selbst eine Form innerhalb einer Einzelheit ist.
Es gibt keine Unterordnung, genauso wenig wie es Kunstwerke gibt.
Die Kunst ist ein Spiel wie Liebe und Sport.  - Francis Picabia, nach: Manifeste und Proklamationen der europäischen Avantgarde (1909-1938). Hg. Wolfgang Asholt, Walter Fähnders. Stuttgart Weimar 1995

Manifest (8)  Keine Maler mehr, keine Literaten, keine Musiker, keine Bildhauer, keine Religionen, keine Republikaner, keine Royalisten, keine Imperialisten, keine Anarchisten, keine Sozialisten, keine Bolschewisten, keine Politiker, keine Proletarier, keine Demokraten, keine Bourgeois, keine Aristokraten, keine Armee, keine Polizei, keine Vaterländer, endlich genug von all diesen Dummheiten, nichts mehr, nichts mehr, nichts, nichts, nichts, nichts.

Auf diese Weise hoffen wir, daß das Neue, welches das Gleiche sein wird wie das, was wir nicht mehr wollen, sich als weniger verfault, weniger egoistisch, weniger handelstüchtig, weniger stumpfsinnig, weniger ungeheuer grotesk erweisen wird.

Es leben die Konkubinen und Konkubisten. Alle Mitglieder der Dada-Bewegung sind Präsidenten. - Anon. (Paris 1920), nach: Manifeste und Proklamationen der europäischen Avantgarde (1909-1938). Hg. Wolfgang Asholt, Walter Fähnders. Stuttgart Weimar 1995

Manifest (9)  Anderes kleines Manifest ...Der sentimentale Gedanke ist eine Maske, um das Publikum zu rühren, ich bin ein Heide wie Gott - ein Zustand, der dem Apostolat nicht ähnelt...

Singen, skulptieren, schreiben, malen, nein! Mein einziges Ziel ist ein seidenweicheres Leben und nicht mehr zu lügen, die Menge zu sein, die an ihre Handlungen glaubt, das heißt Böses tun, genitale Regung und Katastrophe, Zaubertrank und Chirurgie, Gerüche und Rechtschreibung, Begeisterungen und Liebkosen, die Möbel abnutzen, Kontakt mit der Wirklichkeit, wirklicher Gewinn, groß und schön, das Wort der Definition ist absolut ALIBABA...  - Francis Picabia, nach: Manifeste und Proklamationen der europäischen Avantgarde (1909-1938). Hg. Wolfgang Asholt, Walter Fähnders. Stuttgart Weimar 1995

Manifest (10)  Kleines Manifest  Diese Erklärungen werden wie ein Ohrsausen sein. Aber Sie haben mich darum gebeten, und ich gebe Ihnen welche, bis Ihr Verstand voller Lärm ist. Sie müssen verstehen, daß die Sterne durch unberechenbare Abstände voneinander entfernt sind. Das Ziel lacht im Vorübergehen. Es ist eine elektrische Sprachlücke, in der der zerschnittene Faden tanzt. Aber diejenigen, die Ihnen die beiden Enden gezeigt haben, haben Ihre Unschuld ausgenutzt. Es war zu allen Zeiten der Tick der gelehrten Clowns zu glauben, der Himmel sei über ihren Köpfen, was zur Geburt einer Generation von Eroberungsraubvögeln führte.

Sie kamen mit grotesken und skurrilen Sprüngen voran und brachten nie mehr als einen Witz mit. Das ist nicht lustig - viele starben deshalb aus Kummer. Hier sind wir also angelangt: wir müssen uns in Nietzsches oder in Jesus' Heroismus hinschleppen, in einer erstarrten Atmosphäre der Gefäßnerven. Die Vereinfachung des menschlichen Glücks ist wie ein Tischerücken, und die Artikulation der Gespenster lebt von der Sozialfürsorge. Gehen wir noch einen Schritt weiter: Affirmation der hygroskopischen Pfründe der verdauten Dichter - Begegnungen von moralisierenden Fleischfressern, hyperbolisch erstickte Hypnose, hygienische Hymne, und Sie sind allein auf der Welt, Was dem Gefühl eines Gleichgewichtsverlustes in einem Raum gleichkommt, wo die dünn gewordene Freiheit der Leere von keinem Körper erfüllt ist. Denn Sie können nichts allein machen, nicht einmal Liebe. Doch haben Sie keine Angst: was Sie in diesem Augenblick durcheinanderbringt, ist der Schatten Ihres Nabels - er kann nur einen Wassertropfen enthalten - diesen erschreckenden Lärm machen die Schläge Ihres Herzens. Nähern Sie sich dem Ungeheuer, es beißt nicht - sein Fell ist wie Plüschseide und hat das Schimmern von Tauben, seine Augen rollen nach rechts und links, nach vorn und hinten wie die von Chamäleons in seinem Bauch schnarcht ein Motorlärm, sehen Sie seine Pfoten an, sie bewegen sich... es wird springen... es springt ah! ah! ah! ah! -

Aber doch -ja es ist einfach nur ein Spielzeug.

Der alte Herr ist beleidigt. - Er hat geglaubt, daß man sich über ihn lustig gemacht hat. Er will nicht zugeben, daß die roten und schwarzen Steine ein ebenso unnützes Spiel wie Bridge sind - Warum spielen sie Bridge. Das muß man die Leute fragen, die diverse Sportarten betreiben: ehrlicherweise kann ich Ihnen nichts anderes sagen.

Die Zelle erneuert sich von allein und läßt schöne lebende Zeichnungen entstehen, was besser ist als alle ästhetischen Pilze und als die weiße Kleidung gehorsamer Plantagenbesitzer. Die Jungfrauen sind nicht für die unvollendete Organisation der genialen Organe verantwortlich. Nur das Vergnügen zählt im obskuren Räderwerk der Überreste verfaulter Mahlzeiten. Man kann die luzide Häresie der Musiker, die die unintelligentesten Leute auf der Welt sind, nicht messen. Im Mittelalter waren sie noch sehr intelligent und spielten mit dem Kontrapunkt, einer dem Schachspiel verwandten Kombination - aber seitdem es den modernen Komfort gibt, ist das Schach eine Götterspeise geworden und die Türen bleiben geschlossen solange es sich um die den kultivierten Erwachsenen dargelegte Sexualfrage handelt. Dennoch ist es möglich, daß ein Luftzug das Idol umwirft und daß das Dogma den Anschein von Gärten ohne Schokolade annimmt, die voller zermalmender Gefahren und entzahnter Samen sind, die von verworrenen Verzierungen gekitzelt werden. - Arbeit der Chimären-Kuchen, das flatterhafte Gehör des Kochs in den automatischen Kellergeschossen entflieht wie ein Dampfmaschinenpfeifen durch das Organ der Glaubensüberzeugungen im hypertrophen Schutz, das nicht mehrere Sprachen sprechen kann. Aus diesem Grunde: von Sauerstoff aufgeblähte Konstruktion Lizenz sparsamer Geruch von Porzellangrimassen mit goldenen Tressen, Regime der Novizen oder Marionetten-Wohltätigkeit. Ich habe keine Lust, meinen Wohnsitz zu wechseln.  - Gabrielle Buffet, nach: Manifeste und Proklamationen der europäischen Avantgarde (1909-1938). Hg. Wolfgang Asholt, Walter Fähnders. Stuttgart Weimar 1995


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