»Du hast recht«, sagte ich, indem ich mich um das Thema drückte.
»Der Yeti muß eine Art Gott sein.«
- Bruce Chatwin, Was mache ich hier. Frankfurt am Main
1993 (Fischer - Tb. 10362, zuerst 1989)
-
(
ora
)
Mangel (3) Professor
August Hirth konnte im Februar 1942 rückblickend nur einen Mangel ausmachen:
»Es sind nahezu von allen Rassen und Völkern umfangreiche Schädelsammlungen
vorhanden. Nur von den Juden stehen der Wissenschaft so wenig Schädel zur Verfügung.«
Allerdings nahte Rettung an der Ostfront. Dort sollte die Feldgendarmerie Juden
gefangennehmen und diese von Jungärzten oder Medizinstudenten vermessen und
fotografieren lassen. »Nach dem danach herbeigeführten Tode des Juden, dessen
Kopf nicht verletzt werden darf, trennt er den Kopf vom Rumpf und sendet ihn,
in eine Konservierungsflüssigkeit gebettet, in eigens zu diesem Zweck geschaffenen
und gut verschließbaren Blechbehältern zum Bestimmungsort.« -
Ilija Trojanow, Nomade auf vier Kontinenten.
Auf den Spuren von Sir Richard Francis Burton. München 2008 (zuerst 2007)
Mangel (4) Alles Wollen
entspringt aus Bedürfniß, also aus Mangel, also aus
Leiden. Diesem macht die Erfüllung ein Ende.
Jedoch gegen einen Wunsch, der erfüllt wird, bleiben wenigstens zehn versagt:
ferner, das Begehren dauert lange, die Forderungen gehn ins Unendliche; die
Erfüllung ist kurz und kärglich bemessen. Sogar aber ist die endliche Befriedigung
selbst nur scheinbar: der erfüllte Wunsch macht gleich einem neuen Platz: jener
ist ein erkannter, dieser ein noch unerkannter Irrthum. Dauernde, nicht mehr
weichende Befriedigung kann kein erlangtes Objekt des Wollens geben: sondern
es gleicht immer nur dem Almosen, das dem Bettler zugeworfen, sein Leben heute
fristet, um seine Quaal auf Morgen zu verlängern. - Darum nun, solange unser
Bewußtseyn von unserm Willen erfüllt ist, solange wir dem Drange der Wünsche,
mit seinem steten Hoffen und Fürchten, hingegeben sind, solange wir Subjekt
des Wollens sind, wird uns nimmermehr dauerndes Glück, noch Ruhe. Ob wir jagen,
oder fliehn, Unheil fürchten, oder nach Genuß streben, ist im Wesentlichen einerlei:
die Sorge für den stets fordernden Willen, gleichviel in welcher Gestalt, erfüllt
und bewegt fortdauernd das Bewußtseyn; ohne Ruhe aber
ist durchaus kein wahres Wohlseyn möglich. So liegt
das Subjekt des Wollens beständig auf dem drehenden Rade
des Ixion, schöpft immer im Siebe der Danaiden, ist der ewig schmachtende Tantalus.
- (wv)
Mangel (5) Albert Pierrepoint, Englands Oberhenker,
kam gestern in Graz an. Er wird acht Todesurteile an Personen vollziehen, welche
vom britischen Militärgericht verurteilt wurden. Außerdem will er österreichische
Amtspersonen über die heute in England geübte Hinrichtungsmethode instruieren.
Der Grund für seine Anwesenheit ist der Mangel an erfahrenen österreichischen
Henkern. -
(met)
Mangel (6) Was fehlt einem, wenn man brave, rechtliche
Eltern, achtungs und liebenswerthe Freunde, geistvolle und mannichfache Bekannten,
einen unbescholtnen Ruf, eine gefällige Gestalt, convenzionelle Lebensart, einen
meistens gesunden Körper, angemessene Beschäftigungen, angenehme und nüzliche
Fertigkeiten, eine heitere Seele, ein mäßiges Auskommen, mannichfaltige Schönheiten
der Natur und Kunst um sich her, ein im Ganzen zufriedenes Gewissen - und entweder
die Liebe, die Welt und das Familienleben noch vor sich - oder die Liebe neben
sich, die Welt hinter sich, und eine gutgerathene Familie um sich hat - ich
dächte dort nichts, als fleißiger Muth und geduldiges Vertrauen - hier nichts
- als Glauben und ein freundlicher Tod. - Novalis, Vorarbeiten zu
verschiedenen Fragmentsammlungen (entst. 1798)
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