Maltobsucht  Ob Picabia Metamorphosen beobachtet oder mit einer bemalten Leinwand einen Brief beantwortet, immer sind seine Dokumente hundertfache Palimpseste. Picabia ist ein verzweifelter Fall. Seit seiner frühesten Jugend ist er von der Mal-Tobsucht befallen. Er malt Tag und Nacht mit Armen und Beinen. Er übermalt die in der Nacht entstandene Leinwand am nächsten Tag und die am nächsten Tag gemalte Leinwand in der nächsten Nacht. Seine Leinwände werden dabei dicker und dicker. Das Bedürfnis, unaufhörlich zu malen, erklärt sich durch ein fanatisches Interesse, durch eine Besessenheit, die das Gegengewicht zu seiner dadaistischen Ironie bildet. Diese Malsucht kennt keinen Spaß mehr, keinen Fin-de-siècle-Witz, in welchem die Blasphemie Regel ist. Er ist mit Leib und Seele dem Schöpfungsakt verfallen. Er sucht nicht das schön vollendete und schön gerahmte Bild. Aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz naht er sich der Urhandlung, dem Absoluten, und alle von ihm zynisch beschworenen «Jesus Rastaquouère» retten ihn nicht davor. - Hans Arp: Unsern täglichen Traum... Erinnerungen, Dichtungen und Betrachtungen aus den Jahren 1914 bis 1954. Zürich 1955
 
 

Malerei Tobsucht

 

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