Magie, schwierigere  »Hast du irgend etwas, das ihm gehörte, Macumazahn?«

»Nein«, antwortete ich, »das heißt, doch.« Ich zog einen Bleistiftstummel aus der Tasche, den Bruder John mir einst gegeben hatte und den ich, als sparsamer Mensch, aufgehoben hatte. Mavovo nahm ihn, und nachdem er ihn so sorgsam angesehen hatte, wie die Federn, kehrte er mit seinen schwieligen Händen einen Haufen Asche vom größten der Feuer zusammen - es war das Feuer, das mich repräsentieren sollte - und klopfte sie glatt. Dann zeichnete er in sie mit dem Bleistiftstummel die Umrisse eines Menschen, etwa so, wie sie Kinder oft an Hauswände malen. Als er damit fertig war, richtete er sich auf und betrachtete sein Meisterwerk mit der Befriedigung eines Künstlers. Eine leichte Brise war aufgekommen und wehte in leichten Böen von See her auf uns zu, so daß die feine Asche in Bewegung geriet; einige der Linien wurden verschüttet, andere vertieft oder verändert.

Eine Weile saß Mavovo mit geschlossenen Augen. Dann öffnete er sie, blickte aufmerksam auf die Asche und die Reste seiner Zeichnung, nahm eine Decke, die in der Nähe lag, warf sie über seinen Kopf und über die Asche, zog sie dann wieder zurück und warf sie zur Seite. Dann deutete er auf die Zeichnung, die jetzt völlig verändert war. Im Licht des Mondes sah sie wie eine Landschaft aus.

»Es ist alles klar, mein Vater«, sagte er in einem sachlichen Tonfall. »Der weiße Wanderer, Dogeetah, ist nicht tot. Er lebt, aber er ist krank. Es ist irgend etwas mit seinem Bein, so daß er nicht gehen kann. Vielleicht ist ein Knochen gebrochen, oder ein wildes Tier hat ihn gebissen. Er liegt in einer Hütte, wie sie die Kaffern machen, aber diese Hütte hat eine Veranda, und es sind Bilder an den Wänden. Die Hütte ist weit entfernt von hier, aber ich kann dir nicht sagen, wo.«

»Ist das alles?« fragte ich, als er schwieg.

»Nein, das ist nicht alles. Dogeetah geht es schon wieder besser. Er wird in dem Land, in das wir reisen, zu uns stoßen. An einem Tag, an dem wir große Schwierigkeiten haben werden. Das ist alles - und es kostet eine Half-Crown.«

»Du meinst, einen Shilling.«

»Nein, mein Vater Macumazahn. Ein Shilling ist für einfache Magie, wie das Voraussagen der Zukunft einfacher, schwarzer Menschen, eine Half-Crown für sehr schwierige Magie, die mit weißen Menschen zu tun hat, eine Magie, die nur große Medizinmänner wie ich, Mavovo, beherrschen.«

Ich gab ihm die Half-Crown.  - Henry Rider Haggard, Die Heilige Blume. München 1985 (zuerst 1915)

 

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