ännlichkeit, empfindliche Das Mädchen war für ihn wie eine Schwester, und zugleich war sie ein Luder. Immer hatte er eine Schwester haben wollen, eine junge und hübsche Frau, der er vertrauen konnte und die er zwangsläufig von seinem Körper fernhielt. Eine Frau in seinem Alter, die schön war und mit der er sich zeigen konnte, ohne daß irgendwer ahnte, daß sie seine Schwester war. Das waren seine Gefühle, und nach einer Weile sagte er es ihr.
«Deine Schwester? Das würde dir gefallen, wenn ich deine Schwester wäre?«
Das Mädchen lächelte überrascht, und der Nene antwortete brüsk:
»Kommt dir das vielleicht komisch vor?«
Wie alle, die die Männerrolle gegenüber anderen Männern spielen (erklärte das Mädchen später), war der Nene ziemlich empfindlich, was seine Männlichkeit betraf.
Der Nene war es leid, mit Tunten zu gehen. Zeitweise gefiel es ihm, aber
jetzt war Pause. Er wollte nicht, daß ihn irgendeiner von diesen Typen anguckte,
die da auf dem Platz herumstrichen, er hatte sie flüchtig kennengelernt, bei
einem Schnellfick auf der Toilette, wo es nach Lavandina roch und die Wände
beschmiert waren mit monströsen Akten und Liebeserklärungen. Da waren Namen
eingeritzt, als wären es Namen von Göttern, ungeschickt gezeichnete Herzen der
Liebe, riesige Schwänze, wie heilige Vögel gemalt, an den Wänden der »Pißanstalten«
der Bahnhöfe und an den Rückenlehnen des Kinos El Hindú und in den Garderoben
der Klubs. Plötzlich überkam ihn das unbedingte Bedürfnis, sich zu erniedrigen,
das war wie eine Krankheit, eine Gnade, ein Hauch in der Seele, etwas, das man
nicht verhindern kann. Dieselbe blinde Kraft, die einer verspürt, den es unwiderstehlich
in eine Kirche hinein und zum Beichtstuhl zieht. Er kniete
vor diesen Unbekannten, er beugte vor ihnen das Haupt (müßte man sagen, hatte
er gesagt, erzählte das Mädchen), als wären sie Götter, dabei wußte er die ganze
Zeit, daß er sie bei der geringsten falschen Bewegung, bei der leisesten Andeutung
eines spöttischen Lächelns umbringen konnte, eine ungeschickte Geste genügte,
ein Wort zuviel, und sie starben mit einem Ausdruck des Entsetzens
und der Überraschung auf dem Gesicht, während ein
Messer sich in ihre Eingeweide
bohrte. Sie, die sich auszogen und aufrecht wie Könige vor ihm standen, wußten
nicht, wer er war, sie hatten nicht die leiseste Vorstellung, waren unfähig,
die Gefahr zu ahnen, in der sie sich befanden. Er war mächtig, der Nene, aber
er kniete auf dem Boden, schwindlig vom Geruch eines Desinfizierungsmittels,
während ein Unbekannter zu ihm redete und ihn bezahlte. Oder war er es, der
zahlte? Nie konnte er sich deutlich erinnern, was er getan hatte, weder an die
vorige Nacht noch an die Nacht vor der vorigen Nacht, seine Streifzüge durch
die Bars im Hafen und die Aufrisse im Halbdunkel des Kinos EI Hindú.
Er erinnerte sich nur an die unwiderstehliche Kraft, die ihn aufstehen und auf
die Straße gehen ließ, es war wie eine Euphorie, die er nicht stoppen konnte,
weil sie das Denken ausschaltete und ihn schließlich (sagte er zu dem Mädchen,
ihrer Aussage nach) ganz ohne Gedanken ließ, leer und frei und gebunden an eine
fixe Idee. Das ist, wie wenn man etwas sucht, das man verloren hat, und plötzlich
erscheint es in einem weißen Licht mitten auf der Straße. - Ricardo Piglia, Brennender
Zaster. Berlin 2001
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