ächte, unreine   Die Tür wurde aus den Angeln gesprengt, und eine unermeßliche Schar Ungeheuer kam in die Kirche Gottes geflogen. Ein schreckliches Rauschen von Flügeln und von scharrenden Krallen erfüllte die ganze Kirche. Alles flog und flatterte und suchte überall nach dem Philosophen.

Aus Chomas Kopf entwich die letzte Spur seines Rausches. Er bekreuzigte sich nur und las an Gebeten, was ihm gerade unterkam. Und gleichzeitig hörte er, wie die unreinen Mächte um ihn herumschwirrten, so daß sie ihn mit den Enden ihrer Flügel und ihrer ekelhaften Schwänze beinahe aufspießten. Er hatte nicht den Mut, sie zu betrachten; er sah nur, daß in Höhe der ganzen Kirchenwand ein riesengroßes Ungeheuer mit zerzausten Haaren wie ein Wald vor ihm stand; durch das Dickicht der Haare schauten zwei schreckliche Augen unter den leicht gehobenen Brauen hervor. Über ihm schwebte in der Luft etwas in Form einer riesengroßen Blase mit Tausenden aus dem Innern herausragenden Krebsscheren und Skorpionenstacheln. Schwarze Erde hing an ihnen in dicken Klumpen. Alle blickten ihn an, suchten ihn und konnten ihn nicht sehen, weil er von dem geheimnisvollen Kreis umgeben war.

»Führt den Wij herbei! holt den Wij!« erschallten die Worte der Toten.

Und plötzlich trat in der Kirche Stille ein; man hörte in der Ferne Wolfsgeheul, und alsbald ließen sich schwere Schritte vernehmen, die durch die Kirche hallten; nach einem schrägen Blick auf die Tür sah der Philosoph, daß sie einen untersetzten, dicken, krummbeinigen Menschen herbeiführten. Er war ganz mit schwarzer Erde bedeckt. Wie zähe, knorrige Wurzeln ragten daraus, ebenfalls mit schwarzer Erde verkrustet, seine Arme und Beine hervor. Schwerfällig trat er auf und stolperte jeden Augenblick. Die langen Lider hingen bis auf die Erde hinab. Mit Entsetzen bemerkte Choma, daß er ein eisernes Gesicht hatte. Sie führten ihn an den Armen herbei und stellten ihn gerade an jenen Platz, wo Choma stand.

»Hebt mir die Lider hoch: ich sehe nicht!« sagte der Wij mit unterirdischer Stimme - und die ganze Judenschule stürzte herbei, ihm die Lider hochzuheben.

Schau nicht hin! flüsterte eine innere Stimme dem Philosophen zu. Er hielt es nicht aus und schaute hin.

»Da ist er!« schrie der Wij und streckte seinen eisernen Finger gegen ihn aus. Und alle, so viele ihrer waren, warfen sich auf den Philosophen.  - Nikolaj Gogol, Der Wij. In: N.G., Sämtliche Erzählungen. Stuttgart u. Hamburg 1961

 

Macht Unreinheit

 

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