yrik-Verriß
Lorcas Romanzenbuch finde ich (und mit mir alle Leute, die jemals ein
paar Schritte aus Sevilla heraus gekommen sind) einfach schlecht. Es ist Dichtung
von der zierlichen und ungefähr modernen Art, so wie sie heute eben sein muß,
um den Andrenios, den Baezas und den schwulen, cernudierten Dichtern aus Sevilla
zu gefallen* (...)
Da gibt es Dramatik für alle, die diese Art Flamenco-Dramatik
mögen; da gibt es den Geist der klassischen Romanze für die, die bis in alle
Ewigkeit weiter in klassischer Romanze machen möchten; da gibt es sogar großartige
und unerhörte Bilder, aber die sind sehr selten und vermengt mit einer Handlung,
die mich immer mehr anwidert und die die spanischen Betten mit Menstruationsblut
geflutet hat. - Luis Buñuel in einem Brief an einen Freund
* Andrenio und Baeza waren bekannte Literaturkritiker; der schwule und cernudierte Dichter ist der Lyriker Luis Cernuda.
Die Lyrik, die du zur Zeit schreibst, ist ganz und gar traditionell, ich spüre in ihr die dickste poetische Substanz, die es je gab: aber! absolut gefesselt an die Regeln der alten Dichtung, unfähig, uns noch aufzuregen und unsere heutigen Wünsche zu befriedigen. Deine Dichtung ist mit Händen und Füßen an die alte Dichtung gefesselt. Du hältst vielleicht manche Bilder für gewagt oder findest in deinen Sachen eine höhere Dosis Irrationalität, aber ich kann dir sagen, daß deine Gedichte nicht über die Bebilderung der einförmigsten und konformistischsten Gemeinplätze hinauskommen ...
Mein kleiner Federico, in deinem Buch (...) habe ich dich gesehen, wie du leibst und lebst, du kleines Biest, du erotisches kleines Biest, mit deinem Geschlecht und deinen kleinen Augen deines Körpers, und deinen Haaren und deiner Todesangst, und deinem Bedürfnis danach, daß, wenn du sterben mußt, die Herren es erfahren, mit deinem geheimnisvollen Geist, der aus lauter dummen kleinen Rätseln und aus einer direkten horoskopischen Beziehung besteht; mit deinem dicken Daumen in direkter Beziehung zu deinem Schwanz und zu den Feuchtigkeiten der Sabberseen aus bestimmten Arten von behaarten Planeten, die es gibt...
Ich liebe dich für das, was dein Buch über dich enthüllt, und das ist das
genaue Gegenteil der Realität, die die Aasbande aus dir gemacht hat. Ein Zigeuner
mit dunkler Haut und schwarzem Haar, kindlichem Herzen (...) Dich, du Seezunge,
wie du in deinem Buch sichtbar wirst, liebe und bewundere ich, du dicke Seezunge,
und an dem Tag, an dem du die Furcht verlierst, auf Sa-linas;;' und seinesgleichen
scheißt und das Reimen sein läßt, mit einem Wort, die Kunst, oder was die Schweine
darunter verstehen, - an dem Tag wirst du lustige, haarsträubende, eindringliche,
poetische Sachen machen, wie sie kein Dichter vor dir zustande gebracht hat.
- Brief von Salvador Dalí an Lorca - Beides aus dem
Anhang zu: Federico García Lorca, Zigeunerromanzen.
Frankfurt am Main 2002
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