ustgefühl  Jede außergewöhnlich schimpfliche, schrecklich erniedrigende, niederträchtige und vor allem lächerliche Lage, in die ich während meines Lebens gekommen bin, hat außer einer maßlosen Wut ein unglaubliches Lustgefühl in mir ausgelöst. Das gleiche trat auch ein in den Momenten einer Schandtat oder einer Lebensgefahr.

Wenn ich gestohlen hätte, so wäre ich im Augenblick der Tat durch das Bewußtsein meiner Niedertracht wie berauscht gewesen. Nicht, daß ich die Niedertracht geliebt hätte (hier war mein Urteil durchaus gesund), aber dieser Rauschzustand infolge des quälenden Bewußtseins der Gemeinheit, der gefiel mir. Auch jedesmal im Duell, wenn ich auf den Schuß meines Gegners wartete, überwältigte mich dieses rasende, schimpfliche Gefühl, einmal sogar außergewöhnlich stark. Ich bekenne, daß ich häufig selbst Gelegenheiten suchte, um diese Empfindung auszukosten, die alle anderen in mir an Stärke übertraf. Wenn ich eine Ohrfeige bekam (und ich habe zwei in meinem Leben bekommen), so überwältigte mich, ungeachtet der furchtbaren Wut, dieselbe Empfindung. Wenn man dann seinen Zorn beherrscht, so ist das Lustgefühl unsagbar. Ich habe mit niemandem darüber gesprochen, nicht einmal andeutungsweise, und verheimlichte es als etwas Schimpfliches, Schändliches. Dagegen als ich einmal in einer Schenke in Petersburg arg verprügelt wurde — man schleifte mich an den Haaren — hatte ich dieses Gefühl nicht, hatte nur eine unglaubliche Wut, ich war nicht betrunken und prügelte mich nur mit den anderen. Aber wenn mich im Auslande derselbe französische Vicomte, der mich ohrfeigte und dem ich dafür die Kinnlade wegschoß, zu Boden geworfen und an den Haaren gezogen hätte, dann hätte ich diese rauschartige Empfindung gehabt, hätte vielleicht nicht einmal Zorn verspürt. - Dostojewski, Die Dämonen

Lust Böse
Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe
Verwandte Begriffe
Synonyme