Lustgarten  Der Kalif Harûn er-Raschîd war der Herrin Zubaida in herzlicher Liebe zugetan, und er ließ für sie einen Lustgarten anlegen mit einem Wasserteich darinnen, den er ringsum mit Bäumen umpflanzen und von allen Seiten mit Wasser speisen ließ. Und die Bäume wuchsen so eng über dem Teiche zusammen, daß man hineingehen und dort baden konnte, ohne von jemandem gesehen zu werden; so dicht war das Laub. Nun begab es sich eines Tages, daß die Herrin Zubaida in jenen Lustgarten trat und zu dem Teiche kam. - -«

Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die Dreihundertundsechsundachtzigste Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß die Herrin Zubaida, als sie in jenen Lustgarten getreten und zu dem Teiche gekommen war, sich an seiner Schönheit weidete. Der schimmernde Wasserspiegel und das Dickicht des Laubes gefielen ihr, und da es ein sehr heißer Tag war, so legte sie ihre Gewänder ab und trat in den Teich. Sie blieb im Wasser, das nicht tief genug war, um den, der in ihm stand, ganz zu bedecken, aufrecht stehen, schöpfte Wasser mit einer Kanne aus reinem Silber und goß es über ihren Leib.

Der Kalif aber hörte davon und ging von seinem Schlosse hinab, um ihr, vom Laub der Bäume versteckt, zuzuschauen. Da sah er sie denn ganz entkleidet, und alles an ihr, was sonst verborgen ist, ward ihm sichtbar. Doch als sie den Beherrscher der Gläubigen hinter dem Laube bemerkte und wußte, daß er sie nackend sah, wandte sie sich um und blickte nach ihm hin. Aber aus Scham vor ihm legte sie ihre Hände auf ihren Schoß; freilich konnte sie ihn nicht ganz bedecken, da er so rund und groß war. - (1001)

Lustgarten (2)

- Franz von Bayros

 

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